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Das Spiel "Driller" - SF-Story aus dem Begleitheft
eine Übersetzung von Wilko Müller jr.

DRILLER

INHALT
Einführung

Vor einigen Jahren
Die Erde - ein sterbender Planet
Evath - eine neue Hoffnung
Die sich entwickelnde Nation
Energie
Ein Zwischenspiel
Mitral
Eine Jungfernfahrt

© 1987 Incentive Software Limited

EINLEITUNG

Willkommen beim "Driller" - Abenteuer!
Wir stellen vor:
FREESCAPE
Das revolutionäre neue System, das von Major Developments entwickelt wurde, dem hauseigenen Programmier & Entwicklungs - Team von Incentive Software Ltd. Freescape repräsentiert viele tausend Mannstunden, die damit zugebracht wurden, diesen großen Fortschritt in Realismus auf Ihren Computerbildschirm zu bringen. Zum ersten Mal können Sie eine feste, dreidimensionale Umwelt mit vollständiger Bewegungsfreiheit erforschen. Sie können sich zu jedem Punkt im dreidimensionalen Raum bewegen und in jede Richtung blicken und den Anblick erleben, als wären Sie wirklich dort.
Die volle Perspektive der fremdartigen Umgebung, komplexes Spielen und eine große, detailreiche Landschaft tragen zu der einzigartigen, faszinierenden Atmosphäre von "Driller" bei. Wir hoffen, Ihnen gefällt das Erlebnis.
Oh, und viel Glück!
Ian Andrew
(Herausgeber)

"Driller" spielt auf einem fremden Mond, der eine andere Welt in einer Region unserer Galaxis umkreist, die die Menschheit des 20. Jahrhunderts noch erforschen muß.
Wegen der Größe und dreidimensionalen Natur des Spielgebietes haben wir dieser Packung eine farbige Darstellung des Mondes Mitral beigefügt. Diese kann flach belassen werden, um die Kartierung und Orientierung in 2 Dimensionen zu ermöglichen, oder sie kann zu einem dreidimensionalen Modell der Plattformen, die Mitral umgeben, zusammengebaut werden. Um das zu machen, falte zuerst entlang der punktierten Linien, einschließlich der Klebefalze, dann klebe jeden Falz an seinen Platz. Beginne mit Falz A, indem du ihn an die Stelle der schwarzen Seite heftest, die mit "Affix A" gekennzeichnet ist, dann wiederhole es mit B, C usw. bis die Struktur vollständig ist.
Das sich ergebende vielflächige Modell ist eine Darstellung der 18 Bohrplattformen, die über die Kraterlandschaft des Mondes gebaut wurden. Du kannst deinen Kurs über das Modell darstellen und ihn mit allen Bemerkungen oder Zeichnungen versehen, die deinem Vorankommen helfen können, einschließlich Gebäude, Kristalle, Wände, Türen usw.Die erste Plattform, auf der du startest,ist schon zu deiner Orientierung kartiert worden. Deine Startposition ist durch das S angezeigt. Wenn du anfängst, blickst du in südöstliche Richtung.
 

VOR EINIGEN JAHREN

Das Kind Lesleigh starrte seinen Lehrer neugierig an. Das einzige Auge des Lehrers leuchtete zurück, ohne zu blinzeln, in der dunklen Tiefe des Klassenraumwürfels. Das Kind klopfte ungeduldig auf den Sensor des Lehrers und verlangte mehr Informationen, und bekam sie innerhalb weniger Sekunden.
Lesleigh war klug, lernte schnell und suchte das Wissen, welches das Kind aus einer kurzen Jugend in eine vielversprechende Erwachsenenlaufbahn bringen würde. Die Gestalt, die auf ihrem Drehstuhl gekrümmt dicht vor dem Schirm saß, mit Beinen, die hoch über dem Boden baumelten, war von einem unersättlichen Hunger nach Fakten und Theorie erfüllt. Der Sitz drehte sich ständig; Lesleigh konnte nicht stillsitzen - nicht, wenn eine Lektion gehalten wurde.

ERDE - EIN STERBENDER PLANET

Die Erde ist unser Mutterplanet, der in einem Sonnensystem sehr weit vom Vasculan-Stern entfernt liegt.
Es gibt wenig Gesichertes über die Erde und die Kultur ihrer Völker, außer den Erinnerungen der ersten Alten, die elektronisch gespeichert wurden. Legenden gibt es und wird es geben unter den Leuten von Evath, so wie die Hoffnung bleibt, sich wieder mit den Vätern zu vereinen.
Die Leute der Erde waren verantwortungslos und sahen nicht ihren Mißbrauch der Elemente und Naturressourcen des Planeten ein. Der Boden wurde geschändet und seiner Nährstoffe beraubt, während sich viele der Rassen und Nationen vonein- ander entfernten, um eigene Sprachen und Kulturen zu entwickeln. Die Aufspaltung ging weiter durch jeden Teil der Gesellschaft - die Leute waren zersplittert und die Individuen dachten nur an sich selbst. Das ständige Teilen von Gruppen und Ländern führte zu inneren Konflikten zwischen einzelnen Leuten, Familien, Gesellschaften und schließlich Nationen. Das Fehlen von Harmonie bedeutete, daß eine globale Durchsetzung von Gesetzen eine Unmöglichkeit war, und kleinere Streitigkeiten und persönliche Gier führten zu steigender Kriminalität und schließlich zu Krieg großen Maßstabes.
Die Zerstörung der Welt und die Beendigung ihrer Existenz schienen die einzigen Ziele der Mehrheit der Erdlinge zu sein. Wenige wünschten dieses Ende, aber noch weniger sahen eine Lösung für die entsetzlichen Konsequenzen.
Es war tragisch, daß große Mengen von Zeit und Reichtum für nichtige Konflikte und großräumige Zerstörung verwendet wurden. Denn alle Erdlinge besaßen eine Brillianz und einen Genius, dem nur wenige Evathianer gleichkommen. Glücklicherweise benutzte eine Anzahl ihre Gaben für bessere Ziele - um medizinischen Fortschritt und physikalische Forschung voranzutreiben. Selbst die Alten von heute können nicht von allen Wundern der Erde erzählen, denn viele sind mit Sicherheit vergessen. Doch manche dieser Errungenschaften existieren heute in unserer Gesellschaft - das Erbe der Fortschritte in der Medizin hat uns eine ausgedehnte Lebenserwartung gebracht, die mehr als das Doppelte von dem beträgt, was von der Erde berichtet wird, eine schnellere Entwicklung und ein praktisches Aufhalten des äußerlichen Alterungsprozesses.
Manche Erdenwissenschaftler entwickelten Bomben, die zu benutzen sie sich fürchteten, während andere einen Ausweg suchten. Die Erde war überbevölkert und die menschliche Rasse suchte nach einer neuen Heimat. Unbemannte Sonden wurden in nahe Sonnensysteme geschickt und zu anderen Galaxien. Es dauerte Jahre, bis die erste zurückkehrte.

EVATH - EINE NEUE HOFFNUNG

Eine Sonde kehrte von einer langen Reise zum Sonnensystem des Sterns Vasculan zurück. Sie brachte Nachrichten, durch Filmaufzeichnungen und Proben, von einem bewohnbaren Planeten, nicht unähnlich der Erde. Der neue Planet hatte einen viel geringeren Radius und kein tierisches Leben, nur primitive Vegetation. Evath, wie er von einem vergessenen Wissenschaftler genannt wurde, war jünger als die Erde und ideal, um das menschliche Leben zu erhalten, wie es der alte Planet so lange getan hatte. Er war perfekt.
Es gab nur einen Rückschlag. Evath war so weit von der Erde entfernt, daß die Reise in irgendeinem ausreichenden Raumschiff über ein Jahrhundert dauern würde. Keine Mannschaft konnte so lange leben, keine Kolonie konnte durch ein Schiff voller alter, schwacher Reisender aufgebaut werden. Die Raumfahrt war nicht so fortgeschritten wie andere Zweige der Wissenschaft dieser Zeit - mehr Geld wurde für Raketen und Medizin ausgegeben, die sich gegenseitig perfekt ergänzten.
Die Reise würde mit den gegenwärtigen Raumschiffen gemacht werden müssen, und das Problem mit der allermodernsten Wissenschaft gelöst werden. Nach einer Menge Überlegungen entschied man sich für eine Art Lösung. Sie war nicht vollständig befriedigend, doch die Wissenschaftler waren verzweifelt, daß etwas schnell getan werden mußte. Experimente mit der Kryogenik (bei der das Leben eingefroren wird und das Altern bis zum Auftauen vollständig anhält) gingen nicht schnell vorwärts, doch sie waren soweit gekommen, daß sie in der Lage waren, Embryonen mit einer 87%igen Überlebensrate "einzufrieren".
Es wurde entschieden, daß der erste menschliche Bote, der zum Evath flog, ein Schiff mit ungeborenen, unentwickelten Babies sein sollte.
Diskrete Nachforschungen stießen auf kein Fehlen von Freiwilligen. Dreihundert Eltern wurden ausgesucht, um Embryos für die Reise zu stiften; dreißig von diesen wurden ausgesucht, um ihr Kind in die neue Welt zu bringen. Diese Leute opferten ihre Leben für ihre Nachkommen, die auf Evath "geboren" werden würden. Die ursprünglichen Eltern würden alt werden, und ihre Kinder würden die Aufgabe fortsetzen, die zukünftige Rasse zu überwachen und ihr Schiff zu dem entfernten Planeten zu steuern.
Durch die Generationen wurde die Sicherheit und Geborgenheit dieser winzigen Leben gewährleistet, wenn neue Kinder auf dem Schiff geboren wurden, deren einziger Zweck es war, ihre Enkel zu bewachen, die noch nicht geboren waren.
Das Leben auf der "Exodus" hatte eine hohe Qualität. Das Schiff war groß genug, um riesige Sektionen der Erdenkultur, Wissenschaft und Maschinerie zu enthalten. Doch der eigentliche Raum, den die zukünftige Bevölkerung von Evath einnahm, war vergleichsweise klein. Eine kleinere Sektion war für eine Anzahl von Embryonen anderer Lebewesen eingerichtet worden: Tiere und Pflanzen, die für Nahrung sorgen würden. Die Wachen aßen von den Lagern, die in genauen Mengen geplant und verpackt worden waren.
Und so landete die "Exodus" auf ihrem vorausbestimmten Ziel. Die Wachen lehrten alles, was man sie gelehrt hatte oder an was sie sich erinnern konnten, ihren Vorfahren, die ihre ersten Schritte auf dem Boden von Evath machten ... und immer seitdem haben wir auf die Ankunft eines weiteren Schiffes von der Erde gewartet.

DIE SICH ENTWICKELNDE NATION

Die Kolonie auf Evath entwickelte sich langsam zu einem zivilisierten Zustand. Schließlich begann sie als eine Nation von Kindern. Und als solche litt sie an Wachstumsschmerzen. Für eine Weile drohte das Chaos zu überwiegen, und es sah so aus, als würde der neue Planet der Erde in der Entwicklung von Gegenkulturen und entzweiten, bedrohten Staaten folgen.
Es blieb den ältesten Kolonisten, genannt "Die Alten", überlassen, ihre Kontrolle über die unruhige Niederlassung zu festigen. Sie wurden noch immer von all ihren Untergebenen respektiert, die sie als Quelle aller Weisheit und allen Wissens betrachteten. Alle Einsicht und Instruktion kam von den Alten, und unter ihren leitenden Händen herrschte Frieden.
Jahre vergingen und die Alten starben. Neue Alte wurden eingesetzt, um ihren Platz zu übernehmen, und sie hielten die Traditionen und losen Gesetze aufrecht, die aufgestellt worden waren. Doch diese Herrschaft war in der Gemeinschaft nicht stabil, denn die neuen Alten waren allen anderen gleich, weil sie auch auf Evath "geboren" worden waren. Es gab keine überlebenden Mitglieder der ursprünglichen Alten mehr, die noch Erinnerungen an das Leben auf der Erde aus zweiter Hand besaßen. Es gab wilden Streit darum, wer regieren sollte: sollte es der Stärkste oder der Weiseste sein? Der Älteste oder der Jüngste? Für mehr als ein Jahrzehnt wurden die Regeln sporadisch von fast jedem gebrochen. Die Wahrheit war, daß sich keiner sicher war, was die Regeln waren, oder was ein annehmbarer Verhaltenskodex sei.
Den Alten blieb noch einiger Respekt, und mit einer geringer werdenden Gruppe von Anhängern taten sie das, was sie zu vermeiden gehofft hatten - sie formierten eine Armee. Mit dieser Armee wurden die Leute von Evath wieder zurückerobert und unter Kontrolle gebracht. Das neue System war fester, spezifischer, und durch ein Gesetzbuch gebunden. Unter diesen Gesetzen konnte kein Evathianer ständig auf einem der beiden anderen Kontinente leben - sie wurden auf Garistia beschränkt. Alle Entartungen, Diebstahl und Gewalt konnten mit dem Tode bestraft werden.
Das erwies sich als der Schock, der Evath zu seinem früheren Versprechen zurückbrachte. Und mit der Rückkehr des Friedens lockerten die Alten ihre Gesetze leicht. Die Todesstrafe wurde durch Exil ersetzt; Kriminelle wurden vom Planeten verbannt, obwohl zwei leere Kontinente zwei Drittel des Globus bedeckten. Diesen Kriminellen wurde gestattet, ihren ganzen Besitz mitzunehmen, doch sie konnten nie zurückkehren und ihre Überlebenschancen wurden als vernachlässigbar klein betrachtet. Sie wurden mit dem Spitznamen "Ketars" als ein Zeichen des Ärgers und des Mitleids belegt.
Ketars wurden nicht lange bemitleidet; ein bezeichneter "Ketar" wurde verbannt und vergessen; durch das Gesetz war verboten, über ihn mit seinem Namen zu reden.
Die Alten formierten eine Kraft, welche die Armee ersetzte und sowohl für Recht und Ordnung einstand, als auch die Bergwerksinteressen durchsetzte, die zu dieser Zeit von erstrangiger Bedeutung für Evath waren. Diese Kraft wurde "Die Liga" genannt, und ihr beizutreten, war eine Ehre und Anerkennung für das Können. Heute wird das Leben auf Evath von der Liga kontrolliert, und eine große Zahl der Gesamtbevölkerung hat Posten in ihrer komplizierten Hierarchie. Eine kleine Elite ist zu den Rängen der "Driller Föderation" zugelassen, welche die exklusivste Abteilung der Liga ist.

ENERGIE

Die Energieprobleme des Menschen endeten mit der glücklichen Entdeckung einer neuen Kraftquelle - der Rubicon-Kristalle. Nicht daß der Mensch gerade nach ihnen suchte, auch waren sie nicht das Ergebnis eines dramatischen wissenschaftlichen Durchbruchs. Ihre Entdeckung war ein Zufall, eine Laune des Schicksals; bevor eine menschliche Kolonie auf Evath errichtet wurde - als die ersten Sonden ausgeschickt wurden, um die Bewohnbarkeit des Planeten zu erforschen - wurden diese durchsichtigen roten Kristalle auf jedem der drei Kontinente gefunden.
Genaue Analysen enthüllten, daß sie eine primäre Energiequelle waren, und obwohl diese Energie erschöpflich war, gab es genug von ihnen, um sie als wertvoll zu betrachten. Diese Entdeckung war so bedeutend wie die Entdeckung von Kohle, Gas und Öl vor Jahrhunderten auf der Erde. Doch der Unterschied auf Evath war, daß kein oder wenig Bergbau nötig war, denn die Kristalle lagen herum und warteten darauf, aufgehoben zu werden. Rubicon-Kristalle bedeuteten, daß die Kolonisation von Evath vorangehen konnte - die Geburt einer neuen Welt für tausende Leute.
Die Kristalle wurden sowohl wegen ihrer schimmernden roten Farbe so genannt (d.h. ihrer Ähnlichkeit mit Rubinen) als auch, um den revolutionären Schritt zu würdigen, der getan worden war, um "zu Hause" zum ersten Mal für ständig zu verlassen. (Den Rubikon überschreiten...-Redewendung; d.Übers.)
Für Jahre wurden Rubicon-Kristalle in jedem Bereich des Lebens eines Evathianers genutzt, ohne daß ihre Struktur, Zusammensetzung und Funktion voll verstanden wurde. Es wußte einfach keiner, was sie waren oder wie sie funktionierten. Und keinen kümmerte es. Keinen, außer eine kleine Gruppe von neugierigen Wissenschaftlern, die - mit ebensoviel Voraussicht wie Intelligenz - wußten, daß diese neugefundene Kraftquelle verantwortungslos benutzt wurde. Tatsächlich gab es riesige Mengen von Kristallen, die immer noch mühelos von der Oberfläche Evaths genommen werden konnten und für Generationen der Menschheit ausreichen würden. Doch die Kolonie würde wachsen und der Planet würde schließlich mit mehreren Millionen Leuten voll bevölkert sein, die alle Energie fordern würden, um zu überleben und zu gedeihen. Es schien diesen Wissenschaftlern, daß es nur wenige gab, welche die Bedeutung des fortgesetzten Wachstums der Kolonie begriffen - sie sahen eine Wiederholung der Situation voraus, die sie auf der Erde hinter sich gelassen hatten, wo die Länder überbevölkert waren, die Leute hungerten und die Naturressourcen des Planeten fast aufgebraucht waren.
Die Kristalle waren nicht so komplex oder unverständlich, wie die Wissenschaftler zuerst dachten. Sie entdeckten, daß ihre Energie ähnlich der war, die in natürlichem Licht enthalten ist, z.B. die Energie der Strahlen der Sonne Vasculan. Es dauerte nicht lange, bis ein Prozess erfunden war, durch welchen Rubicon-Kristalle unter Mitwirkung von Sonnenlicht künstlich hergestellt werden konnten. Manche sahen diesen Durchbruch als eine Katastrophe für den neuen Planeten an - der Rubicon-Abbau würde aufhören und die strenge Kontrolle der Alten über die Kraftquellen würde abnehmen.
Doch es kam nicht zu der vorausgesagten Katastrophe, sondern das Gegenteil trat ein. Obwohl der Abbau von Rubicons wirklich zurückging, verloren die Alten nicht die Kontrolle. Denn die Evathianischen Wissenschaftler waren offenbar auf das Geheimnis von Evath und seiner bemerkenswerten Energiequelle gestoßen - der Stern Vasculan, der über ihren Planeten leuchtete, war einzigartig. Er allein sorgte für ein Licht, das seine Energie in dieser festen Form speichern konnte. Das erklärte auf eine befriedigend einfache Weise, warum kein Mineral auf der Erde jemals entdeckt worden war, das solche nützlichen Eigenschaften besaß. Deshalb wurde das volle Geheimnis der Kräfte der Kristalle streng bewahrt.
Mit einem neuen Reichtum und optimistischen Aussichten begann die sich ausdehnende und gedeihende Kolonie Evaths die Oberfläche mit größerer Tatkraft und Enthusiasmus abzubauen. Die grundlegenden und rudimentären Techniken, die für das leichte Erlangen der natürlich vorkommenden Rubicons notwendig gewesen waren, wichen neuen Methoden und neuer Ausrüstung, welche die Herausforderungen der Technologie nutzten. Es war nicht besonders überraschend, daß Evath einen großen Reichtum an wertvollen Mineralen beherbergte, den die Bewohner nicht gerade langsam ausbeuteten.
Mittlerweile ging die Herstellung von Kristallen weiter und mit steigender Erfahrung wurden neue Formen von Kristallen produziert - Kristalle verschiedener Farben, Kraft, Größe, Formen und Funktionen. Die Evathianer hatten eine Kraftquelle nutzbar gemacht, deren Möglichkeiten buchstäblich endlos waren.

EIN ZWISCHENSPIEL

Lesleigh war zwölf Jahre alt, bereits ein voll ausgewachsener Erwachsener, und bereit, mit der Arbeit für die Liga zu beginnen. Doch Lesleigh hatte eine ehrgeizigere Hoffnung - die Driller Föderation.
Lesleighs Großvater war ein Mitglied der Föderation gewesen, aber nicht lange. Er prahlte ständig mit seiner Verantwortung, aber er nahm seine Arbeit nie leicht oder vernachlässigte seine Rolle in der Gesellschaft. Was sich als sein Sturz erwies, war ein Fehler des Gesetzes, ein Justizirrtum, der ihn des Mordes für schuldig erklärte, obwohl er keinen begangen hatte. Er wurde verbannt, als Ketar gebrandmarkt, und nie wieder gesehen. Erst fünf Wochen nach seiner Verbannung wurden neue Beweise gefunden, die seine Schuld widerlegten. Es war zu spät, um ihn zu retten. Das Gesetz erlaubte keiner als Ketar gebrandmarkten Person die Rückkehr.
Lesleigh war nicht verbittert, noch suchte er Vergeltung, doch er wollte stattdessen Teil der Gesetzeshüter werden und sicherstellen, daß in der Zukunft Recht geschah.

MITRAL

Die Zwillingsmonde, die Evath umkreisten, wurden Mitral und Tricuspid genannt. Sie wurden nicht als wichtig betrachtet, und nebenbei, es gab drei ganze Kontinente zu erforschen, bevor Reisen sich jenseits des "Neuen Eden" erstrecken konnten, welches Evath zu werden versprach.
Die Ketars, die gebrandmarkten Kriminellen, die vom Planeten verbannt worden waren, kolonisierten einen von ihnen sehr schnell. Die Wahl war eine Sache momentaner Entscheidung, sie fiel auf Mitral. Nichts verhinderte die Kolonisierung beider Satelliten, doch sie hatten soviel Verstand, all ihre Ressourcen und Energie in die Gründung einer "Gesetzlosen"-Kolonie zu stecken, was das Risiko eines Fehlschlages verringerte.
Das Leben auf Mitral war hart, wie man erwarten kann, wenn die Gesellschaft aus Mördern, Dieben und anderen Verbrechern gebildet wird. Es gab viele Verbrechen und Ehrlosigkeit unter den Ketars, bis unvermeidlich eine Hierarchie etabliert wurde, in der nicht die Ältesten, sondern die Stärksten und Schlauesten die Kontrolle übernahmen. Sie disziplinierten die anderen, doch sie trauten ihnen nicht mehr, als es ein anderer Evathianer getan hätte. Also wurde ein Sicherheitssystem von Schutzverriegelungen, Laserabwehr und geheimen Computernetzwerken gebaut, um jeden der Sektoren mit den anderen zu verbinden und die herrschenden Ketars zu schützen. Die "unteren" Klassen der Ketars hatten Zugang zu den wenigsten Gebäuden auf Mitral. Nur die Führer besaßen die Mittel, um die Sektoren zu betreten, die auf den hellsten und dunkelsten Oberflächen zu finden waren, wo sie lebten und die Kontrolle über dieses Netzwerk ausübten.
Während sich jeder Ausgestoßene auf Mitral einrichtete, wuchs die Kolonie durch die zusätzlichen Güter, die jeder mitbrachte. Bergbau wurde als ein Experiment versucht und es überraschte nicht, daß der Stein so reich an wertvollen Mineralien war wie Evath. Die Kolonie wuchs und der Bergbau begann in großem Maßstab. Wegen der weichen und mit Kratern bedeckten Oberfläche des Mondes war organisierter Bergbau schwierig. Daher wurde eine riesige Operation durchgeführt,um die gesamte Mondoberfläche zu verändern - achtzehn Plattformen wurden symmetrisch um Mitral herum konstruiert, flache und feste Plattformen, die großen Druck aushielten. Durch diese wurde der Bergbau leicht und auf ihnen wurden Gebäude errichtet.
Diese Kolonisierung dauerte viele Jahre, denn es war schwer, Nachschub zu bekommen. Die Evathianer entdeckten, was die Ketars machten, doch sie taten nichts, um sie zu stoppen - Evath war noch rein und hatte auch ohne die eifersüchtigen Kriminellen genug eigenen Bergbau. Die Ketars wurden ignoriert und ihre Existenz zugelassen, während weitere geschickt wurden, um sich zu ihnen zu gesellen.

* * *
Die Ketars hatten auf Mitral keinen wirklichen Hintergrund an Bergbautechnologie und ihre Unerfahrenheit und die erschöpfende Zertrümmerung des Mondes forderten ihren Preis. Gastaschen begannen sich im Inneren von Mitral aufzubauen, der Druck erhöhte sich, je mehr Minerale und Rubicons aus dem Gestein genommen wurden. Die Ketars entdeckten, daß irgendetwas faul war, als sich kleinere Explosionen und Brände in der ganzen Kolonie ereigneten. Sie fanden die Quelle dafür im Inneren des Mondes und versuchten vergeblich, das Gas kontrolliert zu verbrennen. Doch sie hatten weder die Werkzeuge dazu, noch verstanden sie völlig, was in Mitral vorging, so daß sie nach ein paar Versuchen den Mond verließen und auf einem der unbewohnten Kontinente von Evath landeten, in der Hoffnung, die Einwohner zu täuschen. Doch, bevor sie ihn verließen schalteten sie ihr Sicherheitssystem auf Automatik!

EINE JUNGFERNFAHRT

I 38. Quasary 328

Lesleigh Skerrit goß sich ein halbes Glas Milch ein und stellte den Polyformkarton zurück in den Kühlschrank. Nachdem er die Schutzklappe doppelt verriegelt hatte, stand der junge Jurapraktikant auf und hob das Glas zum Mund. Die Flüssigkeit war erfrischend kühl, sogar belebend. Lesleigh leerte das Glas und warf es dann ins Abwaschbecken.
Leise auf dem Boden auftretend, griff Lesleigh nach dem Lichtschalter und betrat den vorderen Raum. Die Küche versank hinter ihm sofort in Dunkelheit.
Montigue Yarbro lächelte seinem Angestellten zu, als Lesleigh den Raum durchquerte, einen Stuhl unter der Platte eines Plastikschreibtisches hervorzog und sich setzte.
"Freut mich, Sie zu treffen, Skerrit", lächelte Yarbro, "ich habe lange auf diese Gelegenheit gewartet." Er rutschte in seinem Sessel herum, so daß er den jungen Praktikanten ansehen konnte. "Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, daß wir Sie zu dieser Zeit gerufen haben, es ist recht spät."
"Nein. Es macht mir nichts aus", log Lesleigh, "ich bin nicht müde."
Yarbro gähnte und kratzte sich am Kinn.
"Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen. Doch die Sache ist wichtig. Wir sind gekommen, um über Ihre Arbeit zu sprechen, um Ihnen ein Angebot zu machen."
Als Lesleighs besorgter Blick zu der schweigenden und nickenden Gestalt von Trent Hoppe glitt, blitzten Montigues Augen leicht belustigt auf. "Schauen Sie nicht so schwermütig drein. Es gibt keinen Grund zur Besorgnis."
In Lesleighs gequältem Ausdruck zeigte sich wenig Erleichterung. "Es ist nur, was wir gehört haben, wissen Sie, über andere Studenten, die nicht ihren Mann standen und vom Ausbildungsprogramm ausgeschlossen wurden. Ich hoffe, dieser Besuch betrifft mich nicht auf diese Weise?"
"Macht er nicht", sagte Hoppe trocken. "Im Gegenteil, der Staat garantiert, daß alle Studenten, die ihre letzten Prüfungen bestehen, automatisch in die Streitkräfte aufgenommen werden."
Lesleigh antwortete mit einem schiefen Lächeln.
Yarbro holte einen beträchtlichen Packen Papiere hervor und blätterte kurz in ihnen. Nach einigen Augenblicken schloß er den Ordner und ließ ihn zu Boden fallen. "Das ist Ihr Jahresbericht. Sie scheinen auf vielen Gebieten hervorragend zu sein. Anscheinend, wenn man durch alle Berichte dieses Jahrganges geht, sind Sie an der Spitze herausgekommen. Wußten Sie das?"
"Nein, Sir", antwortete Lesleigh.
"Sie haben das sehr gut gemacht", meinte Yarbro. "Das ist im Prinzip, warum wir hier sind. Wir sind gekommen, um Ihnen ein Angebot zu machen."
Lesleigh runzelte die Stirn.
"Was für eine Art Angebot?"
"Ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können", lachte Montigue und strich sich über seinen Schnauzbart. "Oder ein Angebot, das Sie nicht ablehnen werden wollen."
Sein unangenehmes, irgendwie schwächliches Lachen ließ Lesleigh sich unbehaglich fühlen.
"Es ist, sehr vereinfacht, eine Beförderung. Doch eine Beförderung, wie keine zuvor in diesem Staat. Sie sind der erste, der einen solchen drastischen Sprung in der Verantwortung machen wird." Er machte eine Pause, damit seine Worte maximal auf Lesleigh wirken konnten. "Sie werden vom Praktikanten zu einem Mitglied der Driller Föderation, oder, wie Sie sie vielleicht kennen, der Elite, befördert werden", erklärte Yarbro. "Dies ist eine ungewöhnliche Situation. Sie ist nie zuvor eingetreten."
Hoppe drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und lehnte sich zurück.
"Nehmen Sie an?"
"Natürlich", sagte Lesleigh. "Natürlich nehme ich an. Es dauert nur einen Augenblick, bis ich es verarbeitet habe, das ist alles."
"Wirklich", meinte Hoppe feierlich, "Sie hatten kaum eine Wahl. Ihre Formulare sind bereits ausgefüllt."
Lesleigh hob die Schultern.
"Ich nehme an, meine Antwort kommt nicht unerwartet."
"Nein", sagte Yarbro. "Wir wußten, daß Sie annehmen würden. Sie haben den Ehrgeiz genau wie die akademischen und physischen Voraussetzungen. Ihr Ausbildungsbericht war sehr umfassend."
"Aber warum ich? Ich habe keine Extraausbildung, keine Föderationsausbildung." "Wir haben uns entschlossen, es in diesem Jahr zu versuchen, und die Alten zu ermuntern, ein neues Rekrutierungsprogramm anzunehmen. Das schließt ein, die vielversprechendsten Kandidaten jedes Jahr von der Schule zu nehmen und sie in ein exklusives Föderationsausbildungsprogramm zu bringen. Die Alten hörten uns zu, zugegeben, mit Skepsis, doch sie erlaubten uns, unsere Idee zu testen."
"Und wenn ich nicht meinen Mann stehe, werden Sie nicht in der Lage sein, im nächsten Jahr den Besten eintreten zu lassen."
"Das ist richtig", sagte Hoppe. "Sehen Sie, die Alten sind ein sturer Haufen. Sie sind gegen Veränderungen und ganz glücklich damit, sich zurückzulehnen und alles glatt gehen zu lassen, ohne Fehlschläge, ohne Störungen."
"Genau", sagte Yarbro. "Daher müssen Sie beweisen, daß das System, das wir vorschlagen, funktionieren wird."
Versagen, dachte Lesleigh, würde eine Menge Druck auf bereits schwache Schultern bedeuten. "Wann fange ich an?
"Morgen", sagte Yarbro, "kommen Sie in mein Büro, ich werde eine Uniform besorgen usw. Da sind ein paar Formulare zu unterschreiben und solche Dinge. Sie werden dann einige Leute von der Föderation treffen und mit ihnen sprechen können, über die Ausbildung diskutieren." Er stockte. "Und dann werden wir Ihnen zeigen, was Sie zu tun haben."
"Was habe ich zu tun?"
"Nun, das ist schwierig, sehen Sie. Wir haben eine kleine Aufgabe für Sie vorbereitet. Sie umfaßt eine Menge physischer Anstrengungen, aber sie ist sehr einfach zu erfüllen. Das Problem ist aber, es ist entscheidend, daß Sie Erfolg haben. Nicht nur wegen der Entscheidung der Alten, sondern wegen etwas Wichtigerem."
"Was ist das?" fragte Lesleigh.
"Es hat mit den Ketars zu tun", erklärte Hoppe. "Sie werden das nicht wissen, aber sie haben Mitral verlassen. Zuerst dachten wir, daß sie vielleicht planen, einen Angriff auf uns zu starten, doch dann erkannten wir, daß diese Idee natürlich reine Phantasterei war. Sie haben wenig Waffen und keine schnellen Transportmittel. Selbstverständlich schickten wir eine Sonde zum Mitral, die sich umsehen sollte. Sie brachte Aufzeichnungen, Bilder usw. zurück." Er machte eine Pause. "Miteinander verbunden, bilden diese Elemente eine hübsch verstörende Geschichte", sagte Yarbro. "Sehen Sie, das Problem ist, die Ketars versuchten, Mitral auszubeuten. Erfolglos, möchte ich hinzufügen. Und da liegt das Problem. Durch ihre schwerfälligen Anstrengungen haben sich unter der Oberfläche große Gastaschen gebildet. Sie versuchten, das Gas abzufackeln, doch sie evakuierten sich, als es zu gefährlich wurde. Es hängt von uns ab, die Sache mit Spezialausrüstung fertigzubringen."
"Warum? Was für Schwierigkeiten macht das Gas, warum haben sie evakuiert?"
"Das Gas scheint sich selbst zu entzünden. Wenn es das tut, wird Mitral ganz einfach explodieren. Der gesamte Mond wird zerbrechen, vollständig auseinanderfliegen. Diese Explosion wird katastrophale Auswirkungen auf uns haben. Unsere Wissenschaftler haben berechnet, daß es den ganzen Kontinent von Neu-Asien zerstören wird. Vollständig."
"Nun, Sie könnten denken, daß uns das nicht besonders betrifft", sagte Hoppe, "doch das tut es. Tests haben gezeigt, daß Neu-Asien reich an Rubicons ist, die nur darauf warten, abgebaut zu werden. Es ist so reich, wenn nicht reicher, als dieser Kontinent war, als die ersten Kolonisten ankamen."
Lesleigh atmete tief ein. "Wann wird sich das Gas entzünden?"
"Nicht mehr lange", sagte Yarbro, "unsere Wissenschaftler denken, zwei bis zweieinhalb Wochen. Ein Schiff ist gebaut worden und die letzten Vorbereitungen werden getroffen. Wenn es vollständig bereit ist, wird es Sie zum Mitral bringen und dort lassen. Ihre Aufgabe wird es sein, festzustellen, wo die Gastaschen sind. Wenn sie lokalisiert sind, werden achtzehn spezielle Bohreinrichtungen auf die Plattformen teleportiert werden und das Gas wird ausbrennen. Dann wird Ihre Aufgabe bereits erfüllt sein."
Lesleigh blieb für einige Augenblicke stumm, bevor er sprach.
"Was ist mit Training, was für eine Ausbildung bekomme ich?"
"Sie brauchen keine Ausbildung", sagte Yarbro. "Alles was Sie wissen müssen, hat man Ihnen schon beigebracht, es ist eine relativ einfache Aufgabe."
"Okay", murmelte Lesleigh, "ich nehme an. Lassen Sie mich nur morgen kommen und darüber reden. Ich bin müde und würde gern ins Bett gehen."
"Das ist schön", sagte Yarbro, sich erhebend. "Hier ist meine Büronummer und die Adresse des Gebäudes."
Er holte ein Stück Papier hervor und legte es auf den Tisch.
"Morgen um 9.00 Uhr. Okay?"
"Schön. Danke."
Yarbro lächelte und nahm seinen Mantel vom Haken.
"Ich sehe Sie also morgen. Ich werde nicht im Büro sein, aber Mr. Hoppe wird. Er wird sich um Sie kümmern."

39. Quasary 328

Das harte weiße Licht des Vasculan strömte durch die halboffenen Blenden und warf eine Reihe von flackernden Streifen über den Tisch, wie einen Käfig aus Licht und Schatten.
Seine Augen beschirmend, sammelte Trent Hoppe kühl seine Notizen ein, knickte die Ecke um und steckte sie in einen bestimmten Schlitz in der Tischplatte. An seiner Seite schob sich Lesleigh Skerrit eine lose Haarsträhne aus den Augen, die nicht nur vom Sonnenlicht ermüdet waren. Es war ein aufreibender Morgen mit dem Studieren von Deklarationen und dem Unterschreiben von Formularen gewesen.
Hoppe zündete eine Zigarette an und steckte das Feuerzeug aus Platin und Opal zurück in die Hosentasche. Nachdem er inhaliert hatte und den Rauch durch die Nase blies, sprach er.
"Wie fühlen Sie sich?"
"Gut, nur ein wenig nervös."
"Oh, das ist verständlich. Ich gebe zu, meine erste Mission war nicht so schwierig wie Ihre, aber ich litt genauso."
Er lachte dünn. "Sie werden darüber hinwegkommen. Machen alle." Hoppe zog einen Moment lang an seiner Zigarette, bevor er fortfuhr. "Sie verstehen, daß Sie morgen aufbrechen, zunächst einmal?"
"Ja, Mr. Yarbro erklärte den Zeitplan; er wird mir einen Plan besorgen, bevor ich heute das Büro verlasse." "Nein, ich werde mich darum kümmern. Ich werde Ihnen in einer Minute eine Kopie besorgen", sagte Hoppe. "Doch zunächst, wie würde es Ihnen gefallen, das Schiff zu sehen, das Sie hinbringen wird? Wir haben ein Schiff speziell dafür modifizieren lassen, Sie und Ihre Mannschaft zum Mitral zu bringen. Sie werden Sie dort lassen und das Schiff sicher zurückbringen."
"Ich würde es gern sehen; wie heißt es denn?"
"Die 'Bellastania', oder die 'Letzte Hoffnung', so hat man es genannt, glauben Sie das? Ein bißchen abgedroschen, aber es war nicht meine Idee."
Lesleigh wurde blaß.
"Es gefällt mir nicht, von mir zu denken, daß ich die letzte Hoffnung bin." "Machen Sie sich keine Gedanken", beruhigte ihn Hoppe. "Sie werden es schon schaffen, die Aufgabe ist wirklich ganz einfach." Er streckte die Hand nach einer grauen Wandkonsole aus. "Jedenfalls ist, wie Sie sich wahrscheinlich schon gedacht haben, dieses Büro nur zeitweilig. Ich mußte es zusammenstellen, um über die Konstruktion des Schiffes wachen zu können. Es hängt in dem Hangar, den Sie dort sehen."
Er betätigte einen Schalter und ein dumpfes Brummen ertönte.
Lesleighs Ohren fanden die Quelle des Geräusches. Die Augen sprangen automatisch zu den Fensterläden. Sie hoben sich und glitten auseinander. Schmierflüssigkeit tropfte von rostigen Zähnen und spritzte auf die Roste darunter. Ölige Ketten spannten sich im Inneren, versteckte Scharniere knarrten. Das künstliche Licht vom Hangar dahinter drang kaum durch das trübe Glas.
"Werfen Sie einen Blick drauf", schlug Hoppe vor, als die Läden langsamer wurden und das elektrische Summen verstummte.
Lesleigh nahm die Einladung an, trat ans Fenster, legte seine Ellenbogen auf das Fensterbord und spähte über den Rand. Unten, sehr weit unten, lag die "Letzte Hoffnung", und ihre metallene Konstruktion füllte den gesamten Hangar aus. Ketten hingen von oben herab und verloren sich hunderte Fuß tiefer. Kräne standen schweigend herum, metallene Laufstege und Stützen hingen über dem stumpfen Metall des Schiffes.
Winzige gelbe Gestalten hasteten hier und da herum. Lesleigh schmunzelte und beobachtete belustigt ihre Bewegungen.
"Was machen sie jetzt?"
Hoppe kam zum Fenster und legte seine Hände dagegen, um in die Tiefe zu blicken.
Er beobachtete ihre Aktionen einen Augenblick lang, bevor er antwortete.
"Packen, denke ich. Sehen Sie diese Karren? Sie transportieren Vorräte."
"Was für Vorräte?"
"Nahrungsmittel und solche Sachen."
Lesleigh beobachtete einen der Karren, wie er durch den Hangar rollte, während sein Lenker vergeblich mit ihm kämpfte.
"Muß eine Menge Nahrung sein", witzelte Lesleigh und blinzelte, um das Zeichen zu erkennen, das jede Kiste markierte.
Was war das?
Ein Totenkopf? Und unter ihm ein Kreuz? Zwei gekreuzte Knochen vielleicht? Schädel und Knochen? Lesleighs Gedanken rasten.
Schädel und Knochen...
Unter dem Zeichen war etwas Verwischtes, vielleicht ein Wort. Ein in Rot geschriebenes Wort. Und dann bemerkte Lesleigh eine Lücke, sehr schwach, aber definitiv eine Lücke. Also waren es zwei Worte...
Lesleigh studierte das Verwischte eindringlich, bevor der Karren unter dem
Rumpf des Schiffes verschwand. Zwei Worte und ein Schädel mit Knochen. Alles in Rot.
Gift? Vielleicht, Vorsicht Gift?
Oder ... "Vorsicht - Sprengstoff"?
Sprengstoff?
"Warum laden sie Sprengstoffe an Bord?" fragte Lesleigh ruhig. Hoppe stieß sich vom Glas ab. "Sprengstoffe? Ich weiß nicht. Sind Sie sicher, daß Sie das gesehen haben?"
"Ja, ich bin sicher."
Schweigen.
Hoppe sah auffällig auf seine Uhr.
"Oh Gott", murmelte er und schnipste mit den Fingern. "Die Versammlung, ich muß zu der Versammlung."
Er sah Lesleigh an. Ihre Blicke trafen sich und hielten sich fest.
"Ich muß jetzt gehen", sagte er. "Ich werde mich zur Versammlung verspäten."
Lesleigh verstand den Hinweis. "Ich werde mich etwas umsehen und Johnstone besuchen gehen."
"Yeah, fein. Ich sehe Sie später."
Sie verließen das Büro. Hoppe verschloß die Tür hinter ihnen.
Lesleigh fand Johnstone im Lager. Er machte gerade eine kurze Pause, bevor das Packen weiterging.
Die hektische Fertigstellung des Schiffes in den letzten paar Wochen hatte die Lebenskraft aus ihm herausgesogen. Er sah müde und erschöpft aus.
Der frühere Wissenschaftler lebte jedoch auf, als Lesleigh hereinkam. Angebote von Kaffee oder Zigaretten wurden höflich abgelehnt.
"Ich verbringe gerade ein wenig Zeit alleine", er lächelte und betrachtete den staubigen Fußboden. "Nie viel Zeit zum Ausruhen in diesen Tagen. Immer in Bewegung, immer im Trab."
Lesleigh setzte sich vorsichtig auf den Deckel einer Kiste, er fürchtete, daß dieser das Gewicht nicht aushalten würde.
"Wie geht das Packen voran?"
"Gut, gut." Johnstone sah auf seine Uhr. "Nur eine Menge Anstrengungen, das ist alles."
Er hob eine Tasse Kaffee an die Lippen und schlürfte die dampfende Flüssigkeit. "Um die Wahrheit zu sagen, ich werde froh sein, wenn es alles vorbei ist."
"Haben Sie den Zeitplan bei sich?" fragte Lesleigh. "Deshalb bin ich hergekommen."
"Nein. Mr. Hoppe sagte, er würde ihn für mich besorgen. Er macht das mit dem Kopierer."
"Er ist jetzt auf einer Versammlung", sagte Lesleigh. "Ich komme gerade aus seinem Büro."
"Eine Versammlung? Er hat zu mir nie eine Versammlung erwähnt", murmelte Johnstone. "Macht nichts, es tauchen eine Menge überraschende Versammlungen in dieser Woche auf. Sie haben immer irgendwas neues zu diskutieren."
Lesleighs Gehirn hörte kaum, was Johnstone gesagt hatte. Die Verbindung zwischen Gehirn und Körper war zeitweise unterbrochen.
"Haben Sie eine Ahnung, weshalb man Sprengstoffe an Bord bringt?" fragte Lesleigh.
"Sprengstoffe?" Johnstone sah verwirrt aus. "Man würde keine Sprengstoffe benötigen, nicht auf einer Mission wie dieser."
Er dachte nach, dann grinste er.
"Oh, ich weiß, was Sie meinen. Diese Kisten mit den Totenköpfen drauf, ist es das, was Sie gesehen haben?"
"Yeah, ich sah, wie sie jemand nur vor zwei Minuten ins Schiff lud."
"Das sind keine Sprengstoffe", erklärte Johnstone. "Nahrungsmittel, einfach Nahrungsmittel. Mr. Yarbro sagte uns, er hätte einige alte Kisten benutzt, um die Nahrungsmittel zu transportieren, statt uns neue bauen zu lassen. Er hat sie heute früh herüber gebracht."
"Woher wollen Sie wissen, daß nicht zufällig die Sprengstoffe dringelassen wurden?"
"Weil er es sagte. Er sagte, sie enthalten Nahrungsmittel, und ich glaubte ihm."
"Also haben Sie sie nicht geöffnet?" fragte Lesleigh.
"Nein!" Johnstone klang verärgert. "Nein, ich habe sie nicht geöffnet. Wenn ich herumliefe und Kisten öffnete, die nicht mir gehören, würde ich wegen Diebstahls festgenommen werden."
Er schaute weg und zog eine Zigarette aus einem Lederetui.
"Es tut mir leid, wenn ich ärgerlich klinge", gab er zu. "Sie müssen sich ja Sorgen machen. Ich gehe ja nicht auf das blöde Schiff."
"Es ist nicht das", sagte Lesleigh. "Es ist der Fakt, daß, wenn durch einen Zufall Sprengstoff daringeblieben sein sollte, und er irgendwie hochgeht, das Schiff beschädigt werden könnte. Wir müßten anhalten. Die Mission müßte verschoben werden, oder sogar gestrichen."
Lesleigh stockte, dann fuhr er fort.
"Ich muß mein Bestes tun, um einen Fehlschlag zu verhindern. Ich bin ausgesucht worden, erwählt."
Johnstone inhalierte den Rauch und warf Lesleigh einen Blick zu.
"Sie denken, daß die Zerstörung von Neu-Asien eine Katastrophe wäre? Das denken Sie, nicht wahr?"
Lesleigh schaute ihn befremdet, leicht feindselig an.
"Natürlich glaube ich das."
"Nun, ich habe etwas besseres für Sie." Er stockte. "Ich habe ein wenig Forschungsarbeit in Explosionen der Größe und Natur gesteckt, wie sie sich auf Mitral ereignet, wenn er zertört wird. Meine Ergebnisse mögen keine festen Fakten sein, keine Beweise, aber selbst das geringste Anzeichen für eine Katastrophe, wie ich sie beschreiben will, muß verhindert werden."
"Was für eine Katastrophe? Geht sie weiter als die Zerstörung von Neu-Asien?"
"Oh, ja, viel weiter", fuhr Johnstone fort. "Sehen Sie, wenn Mitral explodiert, kann das Neu-Asien total ruinieren, aber es würde auch als Stoß wirken, wie eine Welle." Er blies eine Rauchfahne in die stickige Luft. "Sehen Sie, Mitral ist nicht weit von uns entfernt. Wenn er explodierte, würde das wie der Schuß aus einem Gewehr sein. Ein Schuß aus kurzer Entfernung. Klar, der Kontinent würde schlimmen Schaden erleiden, doch der Schock würde auch unseren Planeten treffen, uns fortstoßen. Er würde uns aus der Umlaufbahn stoßen..."
"Sind Sie sicher?"
"Sehr sicher, aber erzählen Sie niemandem davon, ja?"
"Yeah, Okay."
Johnstone machte eine Pause, um Kaffee zu trinken.
"Und wenn wir aus der Umlaufbahn gestoßen sind, würden wir von der Sonne wegtreiben. Die Temperatur des Planeten würde fallen. In kürzester Zeit wären wir alle tot."
Lesleigh erhob sich kühl.
"Es ist nur ein Gedankenexperiment", sagte Johnstone und strich sich sein Haar zurück. "Nur eine Theorie."
"Ich werde Sie später noch einmal besuchen", sagte Lesleigh, "sobald ich den Zeitplan von Hoppe bekommen habe."
"Okay."
Lesleigh stolperte aus dem Lagerraum, und begann die Treppe hinaufzusteigen.

II Iotania

Ein bitterkalter Wind blies Wolken aus feinem Sand in die eisige Luft, wie eine Welles des schäumenden Ozeans peitschte er Staub aus dem mürben Boden. Das safranfarbene Glühen des fast vollen Mondes ließ die winzigen Teilchen mitten in der Luft hängend erscheinen, wie gefrorene Glühwürmchen.
Die wenigen, verdurstenden Büsche, welche die öde Landschaft bedeckten, beugten sich nachgiebig vor dem Wind. Tote Blätter wirbelten in die Luft und wurden von der bedrückenden Dunkelheit verschluckt.
Stille herrschte in dieser Nacht im Tal. Stille und Frieden.
Normalerweise hätte Kirst Ellan an der Stille Gefallen gefunden, an dem Frieden. Doch nicht heute Nacht. Jede Nacht in jeder Woche saß er auf dem selben Stein. Auf seinem Stein. Lauschte der Stille. Heute jedoch war seine Routine durchbrochen worden, war er in Unruhe versetzt worden. In Iotania herrschte kein Frieden mehr.
Montigue Yarbro zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch in die Nacht.
Es war Ellan, der als erster sprach.
"Welche Kraft vertreten Sie? Das Gesetz - die Liga? Das Militär? Die Föderation?"
"Die Föderation."
Kirst blinzelte in das Tal. "Ich nehme an, Sie sind gekommen, um herauszufinden, warum wir Mitral verlassen haben."
"Nein, wir haben bereits festgestellt, warum Sie ihn verließen", sagte Yarbro. "Dies ist ein informelles Treffen, keiner weiß, daß es stattfindet."
"Was wollen Sie dann wissen?"
"Nichts, ich habe alle Informationen, die ich gegenwärtig brauche. Ich bin nicht gekommen, um Ihnen Fragen zu stellen, ich komme, um Ihnen ein Angebot zu machen." Yarbro inhalierte die reine Luft und fuhr fort. "Ich komme, um einen Handel mit Ihnen und dem Ketar-Leuten zu machen. Eine Partnerschaft."
"Was für eine Art Partnerschaft?" fragte Kirst Ellan. "Was springt für uns dabei heraus?"
"Schutz und sichere Unterbringung", erklärte Yarbro. "Sobald Sie Ihre Hälfte des Handels erfüllt haben, werde ich persönlich den Transport Ihrer Leute nach Garistia beaufsichtigen, wo Sie bei mir sicher sein werden. Sie werden unter militärischem Schutz stehen."
Ellan dachte nach, doch sein Augenblick des Überlegens brachte nur die einfache Frage hervor: "Was haben wir zu tun?"
"Ein Schiff entführen. Ich werde Sie begleiten, doch als ein stiller Partner. Die Tat muß scheinen, als sei sie Ihre eigene Idee."
"Welches Schiff?"
"Die 'Letzte Hoffnung'. Jungfernfahrt. Es ist eine Mission, um einen Passagier zum Mitral zu bringen und sofort zurückzukehren." Er hielt für eine Sekunde inne. "Was auch geschieht, das Schiff darf Mitral nicht erreichen."
"Warum?" fragte Ellan. "Was ist das Ziel dieser Reise - was wird dieser 'Passagier' auf Mitral machen?"
"Das 'Ziel' ist es, den Prozeß umzukehren, den Sie selbst gestartet haben, und nicht stoppen konnten - die Ansammlung von Gas und die Zerstörung Ihres Mondes."
"Und Sie wollen nicht, daß das umgekehrt wird?"
"Nein."
"Warum?"
Montigue Yarbro seufzte und atmete tiefer. Sein Atem hing in der Luft und betonte die Staubwolke mit Wassertröpfchen.
"Nun, Mr. Ellan, im Garistia von heute gibt es viele Fehler. Es gibt keinen Platz für Verbesserungen oder Reformen, Erneuerungen oder Erfindungen. Das Problem liegt im System. Das Gefüge unserer Gesellschaft ist sehr schwach, sehr vage. Wir befolgen die Gesetze, ohne zu fragen, während Kriminelle wie Sie verbannt werden, und auf diese Weise wenden wir unseren Problemen den Rücken zu statt sie anzusehen.
Um fortzuschreiten, muß die menschliche Rasse die Zügel fester in die Hand nehmen, die Träger festigen und die Ideale verstärken. Ich habe vor, all das zu verändern, uns einen Schritt weiter die Leiter hinaufzustoßen, an der zerbrochenen Sprosse vorbei, an der fehlenden Stufe. Einmal dort, werden wir in der Lage sein, uns zu verbessern. Die Welt wird ein besserer Ort sein."
"Wie wollen Sie all dies verändern?" fragte Ellan. "Die Zerstörung eines Schiffes wird nichts beeinflussen."
"Oh, doch, sie wird." Er hustete. "Garistia wird von einem Rat schwacher alter Männer regiert, wie Sie wissen - von den 'Alten'. Die meisten respektieren sie und Ihr Ketars verabscheut sie natürlich wegen Eurer Bestrafung. Sie sind gegen Veränderungen und die Bürger sind unter ihrer Herschaft zufrieden. Für den Fortschritt braucht Garistia ein neues politisches System."
"Eine Diktatur. Sie wollen das sein - ein Diktator?" fragte Ellan. "Ist es das, was Sie wollen?"
"Nein, nicht ganz. Ich will wirklich eine Diktatur, aber ich will nicht besonders gern ein Diktator sein", sagte Yarbro. "Als ich erkannte, daß Mitral dabei ist, zu explodieren, sah ich meine Chance. Meine Chance, Garistia als Geisel zu halten. Meine Forderungen werden sein, daß der Rat auf die Straße gezerrt und hingerichtet wird. Ein Diktator wird sofort eingesetzt werden", er unterbrach sich, um Atem zu schöpfen. "Ich habe in der Vergangenheit versucht, die Leute zu überzeugen, daß der Rat hoffnungslos ist und gestürzt werden sollte. All meine Anstrengungen schlugen fehl. Ich mag Staub aufgewirbelt haben, aber ich heizte nicht genug Spannung an. Nun bin ich am Ende meiner Geduld. Ich muß gewaltsamere Methoden benutzen."
"Wie können Sie den Rat erpressen?" fragte Ellan. "Wenn Mitral explodiert, wird er nicht Garisia zerstören, sondern Neu-Asien. Ihre Leute werden nicht im geringsten betroffen sein."
"Ich weiß. Darum geht es ja. Wenn Neu-Asien erst einmal ausgelöscht ist, und nur dann, kann ich sie erpressen. Sehen Sie, ganz Garistia hängt von Rubicon-Kristallen ab. Alles läuft mit diesen Kristallen. Ohne sie würde Garistia innerhalb von Stunden zum Halten kommen", erklärte er. "Mein Plan ist, die Produktion von Rubicons so lange anzuhalten, bis man meine Forderungen erfüllt, und der Rat hingerichtet ist. Es wird einfach sein. Jede Mine ist eingeschlossen und gut verteidigt. Wir könnten, wenn nötig, gegen eine kleine Armee bestehen."
"Aber", sagte Ellan, "könnten Sie das nicht jetzt schon tun? Die Explosion könnte verhindert werden und Sie könnten den Rat trotzdem stürzen. Sie brauchen doch Mitral nicht zerstören lassen."
"Doch, doch, das brauche ich. Sehen Sie, diese Kristalle sind jetzt in Neu-Asien entdeckt worden. Wenn die Vorräte ausgehen, wird Neu-Asien schließlich erschlossen werden. Wenn ich alle Bergwerke schließe, wird innerhalb einer Woche Neu-Asien voller Minen sein. Sie würden meine Kristalle nicht brauchen. Ich würde versagt haben."
Es gab eine lange, nachdenkliche Pause.
Ellan fragte: "Wann fangen wir an? Ich bin sicher, daß der Rest des Camps auf Ihre Bedingungen eingehen wird."
Yarbro lächelte.
"Gut, die Entführung wird in zwei Tagen stattfinden. Ihre Männer werden mit Waffen ausgerüstet werden, in dem Schiff, mit dem ich kam, ist ein ausreichender Vorrat. Ich werde Sie und fünf Ihrer Männer im schnellsten Schiff, das Sie haben, begleiten und wir werden die 'Letzte Hoffnung' abfangen. Nach dem Entern werden wir die fünfköpfige Besatzung sofort finden und töten. Es wird keine Probleme geben. Der Praktikant, den wir für die Mission ausgesucht haben, hat keine Erfahrung in diesen Dingen.
Wenn die Besatzung tot ist, werden wir in die Lagerräume gehen. Unter den Vorräten sind einige Kisten mit Sprengstoff verborgen. Diese werden in einen wichtigen Teil des Schiffes gebracht. Vielleicht auf die Brücke. Vielleicht sogar zu den Triebwerken. Wir werden die Zeitzünder einstellen und verschwinden. Am Abend werden wir alle in Garistia sein."
Er stand auf und streckte seine Hand aus. "Ich werde nun gehen und am Morgen zurückkehren."
Sie schüttelten sich die Hände.
"Ich werde Ihren Besuch erwarten", sagte Ellan.

III

Das titanische Schiff, die "Bellastania", kroch hinaus durch das Vakuum, das sich zwischen Evaths Stratosphäre und dem Mond "Mitral" erstreckte. Ruß und Öl hafteten hartnäckig an seinem zerbeulten Äußeren und weigerten sich, ihre klebrige Umarmung zu lösen.
Das Schiff, auch als die "Letzte Hoffnung" bekannt, war kein besonders schöner Anblick; es war weder dekorativ noch schlank. Einfach funktionell. Wenn sie in die Stadt Elvira zurückkehrte, würde die Bellastania gesäubert, verschlossen und in einen Hangar gesteckt werden, wo sie für unbestimmte Zeit bleiben würde. Es war unwahrscheinlich, daß ihre Dienste je wieder benötigt würden.
Der erste Tag der Reise war ohne Ereignisse vergangen. Nach anfänglichen Feindseligkeiten hatte sich die Besatzung aneinander zu gewöhnen begonnen. Es hatte Zurückhaltung in der Freundlichkeit Lesleigh gegenüber gegeben (warum sollte ein einfacher Praktikant eine Situation bewältigen, die so delikat wie diese war?), doch die Besatzung hatte begonnen, ihre Verantwortung und Lesleighs Kompetenz als gleichwertig anzusehen.
Beruhigt, daß es möglich war, sich auf ein normales Gespräch einzulassen, hatte Lesleigh einen der Besatzung, Franc Nailla, gebeten, die Folge von Ereignissen zu erklären, die ihrer Ankunft vorausgehen würden. Seine Erklärung war ausführlich und detailliert gewesen.
Die Bellastania war zu ungefüge, um auf Mitrals dichtbedeckter Oberfläche zu landen. Das voraussehend, hatten die Konstrukteure ein Shuttle vorbereitet, das Lesleigh und die Grabesonde zum Mitral bringen und dortlassen sollte. Das Shuttle war darauf programmiert, automatisch zurückzukommen und bei der Bellastania anzulegen. Der Vorgang klang so einfach, Lesleigh konnte nur hoffen, daß das Steuern des Shuttles ebenso unkompliziert war, wie Franc versichert hatte.

Das Ketar-Schiff näherte sich der Dockstation des größeren Schiffes vorsichtig, gelegentliche Stöße seiner zwei Triebwerke hielten es auf einer sicheren, parallelen Position. Dock-Computer beider Schiffe tauschten Erkennungssignale aus. Die Kommunikation setzte ein.
Die Geschwindigkeit beider Schiffe begann sich zu verringern; sie glichen sich an und koppelten.
Eine Kette von Landelichtern flackerte an Bord des größeren Schiffes auf.
Auf dem Ketar-Schiff wurde der gegenwärtige Kurs abgebrochen und ein neuer gewählt. X-Achsen-Triebwerke erstarben. Y-Achsen-Triebwerke flammten auf.
Langsam erwachte die Station. Das Kapermanöver hatte begonnen...
Die Brücke der Bellastania war leer, ohne jedes menschliche Leben. Nicht, daß die menschliche Gegenwart vermißt wurde.
Ein surrender Ventilator erzeugte einen ständigen Luftzug; Plastikblätter rotierten lautlos hinter einem Metallrost und schufen einen Tunnel aus Luft, der die Seiten des Notizbuches bewegte, das offen auf der Arbeitsplatte lag. Eine Lichtleiste hing von der Decke herab und beleuchtete den verlassenen Raum. Ein winziges rotes Rechteck blinkte; organisches Leben war zurückgekehrt. Mit einem Ruck hob sich die Ausgangsluke und Nailla trat herein. Er rannte zu seinem Platz und ließ sich schwer in einen steifen Sessel fallen, der mit der Haut irgendeines namenlosen Tieres überzogen war. Er überflog die ungefügen Reihen schweigender Bildschirme und schlafender Konsolen mit professionellem Interesse, drehte an einem Schalter und lehnte sich mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht zurück.
Seine Augen huschten über eine Anzeige über seinem Kopf. Er war in der Kantine gewesen und hatte mit den anderen Mitgliedern der Besatzung einen Drink genommen, als er das Geräusch hörte...
Ein hallender metallischer Schlag, gefolgt von einigen rauhen Kratzern. Das war unmißverständlich das Geräusch der sich öffnenden Außenluke. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Beide waren recht unwahrscheinlich, doch unglücklicherweise mußte eine von ihnen richtig sein.
Die erste ... Jemand mochte versucht haben, hinauszugelangen. Sehr fragwürdig, da das Shuttle über der Brücke an seinem eigenen Dock angebracht war. Oder, jemand mochte versucht haben, hereinzukommen...
Nailla hatte zögernd das letztere angenommen, und jetzt, als er die komplexe Kopplungsanzeige betrachtete, bestätigte sich sein Verdacht.
Die Besatzung versammelte sich auf der Brücke. Thea Kell hatte noch ihren Drink in der Hand. Sie stellte ihn auf den Tisch, ohne einen weiteren Schluck zu nehmen.
Ede Slaye hatte eine lose Deckenplatte in den Lagerräumen repariert, als er den Lärm hörte. Zur Brücke zurückrennend, stieß er mit Pete Watels zusammen. Als sie die Brücke erreichten, waren Lesleigh, Kell und Nailla bereits dort.
Nailla gab schnell einen Befehl in ein graues Keybord ein und hielt inne, um nachzudenken. Dann tippte er weiter und das Geräusch der klappernden Tasten riß an der Stille und den Nerven der anderen.
Slaye griff nach einer Zigarette in seine Tasche, doch er fand sie leer. Er überlegte, ob er die anderen fragen sollte, öffnete den Mund, dann überlegte er es sich anders und schloß ihn wieder.
Thea Kell ging um die Konsole herum zu ihrem Platz. "Was ist im Dock?" fragte sie und setzte sich in ihren Sessel. Der Plastikbezug war eiskalt.
"Ein Justizschiff? Vielleicht ist es eine Kontrolle", murmelte Slaye. "Hast du versucht, mit ihnen in Verbindung zu treten?"
Nailla zwang sich zu einem schwachen Lächeln. "Ich denke, das ist sehr unwahrscheinlich. Ich habe Warnsignale gegeben, das übliche Zeug, und sie haben nicht geantwortet. Es gab keinen Versuch, der normalen Kopplungsprozedur zu folgen."
"Wenn sie drin sind, muß der Dockcom sie erkannt haben. Sie müssen irgendwie kommuniziert haben, um Zutritt zu erhalten", meinte Lesleigh.
"Sie könnten sich ihren Weg durchgebrannt haben, nehme ich an", sagte Nailla, "vielleicht sogar die Docks zerlasert haben." Er überprüfte unwillig die Konsole vor sich. "Aber wir haben keine Schadensmeldung, die einen erzwungenen Eintritt bestätigen würde", fuhr er fort. "Ich glaube, wir können von Glück reden, wenn sie sich als freundlich herausstellen."
Die Brücke wurde still. Das Klopfen von unten hatte momentan aufgehört. Lesleigh sah Watels an.
"Was für Bewaffnung haben wir an Bord?"
Der Ingenieur hob die Schultern.
"Keine Feuerwaffen, nichts dergleichen. Wir dürfen sie nicht mitnehmen, damit nicht jemand ein Loch durch die Hülle macht."
Slaye sah Lesleigh an.
"Warum fragst du?"
"Weil wir eine Form der Verteidigung brauchen könnten. Ich meine, das sind offensichtlich Ketars, nicht wahr. Keiner in Garistia wird sich beschweren, wenn wir ein paar Ketars umlegen, falls es die Explosion verhindert. Diese Mission ist zu wichtig, um durch ein paar lausige Kriminelle ruiniert zu werden."
"Wenn es Ketars sind, wie sind sie hereingekommen? Sie haben nicht die Technologie dazu", fragte Slaye.
"Das kann ich nicht beantworten", erwiderte Lesleigh. "Aber es müssen Ketars sein, nichts anderes. Mr. Yarbro sagte mir, daß jedes Schiff, das Garistia zwanzig Stunden vor oder nach der 'Bellastania' verließe, abgeschossen würde. Das Schiff muß aus Iotania gekommen sein."
"Aber warum uns kapern?" fragte Thea. "Ich kann nicht verstehen, warum sie das wollen sollten. Wir befördern keine Fracht, überhaupt nichts Wertvolles."
"Vielleicht denken sie, daß wir etwas Wichtiges transportieren", sagte Lesleigh. "Sie erkennen anscheinend nicht, daß wir zum Mitral fliegen."
Slaye strich seine Haare zurück. "Was machen wir also? Irgendwelche Ideen?"
"He", sagte Thea, "ich habe eine Idee. Und wir müßten nicht mal in ihre Nähe gehen. Wenn wir sie nicht töten, würde es sie wenigstens in ihr Schiff zurücktreiben."
"Was ist es denn?" fragte Slaye.
"Nun, wir lassen die Luft ab, versteht ihr", erklärte Thea. "Dieses Schiff hat die Möglichkeit dazu. Es ist ein einfacher Prozeß, wir müssen sie nur in Behälter pumpen und aufbewahren, bis wir sicher sind, daß sie alle tot sind. Dann schließen wir die Behälter wieder an und pumpen die Luft zurück."

"Was machen wir inzwischen?" fragte Lesleigh. "Wo können wir hin?"
"Zwei Möglichkeiten", unterbrach ihn Slaye. "Wir könnten uns, wenn nötig, im Shuttle verstecken. Es hat einen ausreichenden Luftvorrat. Oder wir könnten die Anzüge anlegen und die Luft aus den Flaschen benutzen."
"In Ordnung", sagte Lesleigh, "wie lassen wir die Luft ab?"
Thea sagte: "Ich werde es machen, ich habe das auf anderen Schiffen schon getan. Es wird manchmal angewendet, um Lecks oder Brüche in der Hülle zu finden."
"Also gut", sagte Lesleigh, "Watels, du holst fünf Anzüge aus der Schleuse. Überzeuge dich, daß sie funktionieren, keine Löcher oder so haben. Dann hol fünf Flaschen und säubere die Ventile. Überprüfe auch, ob sie voll sind. Wenn nicht, füll sie auf. Klar?"
"Klar."
Lesleigh fuhr fort. "Slaye und Nailla, ihr geht und öffnet die Ventile. Ich werde die Behälter holen und sie zu euch bringen. Okay?"
Nailla nickte zustimmend. "Okay."
Sie begannen die Brücke zu verlassen.
Sie polterten den Korridor #3 hinunter. Neben ihren schattenhaften Gestalten schlängelten sich ölige Leitungen, dampfende Rohre und Bündel vielfarbiger Drähte ins Halbdunkel. Die Wände waren mit Platten verkleidet und rostzerfressen.
Nailla blieb unter einem metallenen Vorsprung stehen und zwängte sich in eine Nische. Er griff nach der Lukensteuerung.
Ein rotes Rechteck durchdrang die Dunkelheit, als sich die Eingangsluke hob. Ohne ein Geräusch schob sie sich in die Decke und gab ein befriedigendes Klicken von sich, um anzuzeigen, daß es dort verriegelt war. Sicher, daß es nicht herunterfallen würde, wenn sie durchgingen, schoben sie sich hinein, und Slaye drehte sich um, um sie einzuschließen.
Die Hitze war überwältigend, als sie eintraten. Dampf stieg von den tausenden kochenden Leitungen auf, die an den Wänden hingen. Ein Ausbruch heißen Dampfes schoß hin und wieder aus einer zerbrochenen Leitung und überflutete den versengten Raum, während das Wasser kondensierte.
Nailla blieb stehen, um Atem und Fassung wiederzufinden und wischte sich den Schweiß von seiner Stirn. "Hier drüben", er deutete auf eine dünne Metallplatte, die am anderen Ende des Raumes lag, verschleiert von künstlichem Nebel. "Dort geht es zu den Lagerräumen", sagte er. "Den Laufsteg entlang, über den Korridor. Sie sind im nächsten Raum."
"Gut", sagte Lesleigh, während er auf die Luke zustolperte. "Denk daran, all diese Ventile zu öffnen, bis ich zurückkomme. Es wird nicht lange dauern."
Wie er angewiesen hatte, ergriff Nailla das erste Handrad und versuchte es zu drehen. Selbst mit der zweiten Hand passierte nichts. "Dieses klemmt", murmelte er vor sich hin und wandte sich dem benachbarten zu. Nach einem ersten Ruck begann sich das zweite Rad zu drehen. Er fing es ab, bevor das Ventil aufspringen und eine Fontäne brühheißer Flüssigkeit ausspeien konnte. Er ging zu dem dritten und wiederholte die Prozedur.
Thea Kell schloß die Luke hinter sich und ging in den Raum hinein, die Reihen der Ventile, Anzeigen und Monitore überblicken. Sie setzte sich auf einen ungepolsterten Stuhl und begann mit der Leichtigkeit von jemandem, der in der Bedienung von dieser Art Maschinerie erfahren ist, Schalter zu betätigen und Monitore zu aktivieren. Doch sie hatte diese Operation nur zweimal zuvor ausgeführt und es war nicht unter solchem Zeitdruck geschehen.
Ihre Finger flitzten über das Keyboard und verwandelten den gleichmäßigen Fluß des recycelten Wassers in einen gleichmäßigen Fluß aus reiner, sauberer Luft. Sie veränderte die Luftversorgung vom Ausstoßen zum Einsaugemodus und lehnte sich zurück, um zu warten.
Pete Watels zuckte zusammen, als ihm die Sauerstofflasche aus den zitternden Fingern rutschte, vom Rost krachte und von seiner erschöpften Gestalt fortrollte. Er bückte sich, um sie wieder aufzuheben, und zerrte sie dorthin, wo schon vier gleiche Flaschen an der Wand des Lagers lehnten. Nach einer kurzen Pause ging er zu einem Schrank mit Glastür, einen von vielen, die an der gegenüberliegenden Wand standen. Seine Versuche, den Inhalt zu erkennen, indem er nur durch das schmutzige Glas spähte, waren fruchtlos. Er nahm zu gefährlicheren Methoden Zuflucht.
Seinen Atem anhaltend, zog Watels die Tür auf - das übliche Quietschen hallte durch die Korridore und Zugänge - und eine Reihe von Plastikbündeln hing vor ihm, einige schon lose an ihren Drähten. Er erkannte sie sofort und ein schwaches Lächeln erschien auf seinen Lippen. Druckanzüge. Er griff hinein, zog das erste Bündel heraus und warf es auf den Boden. Sich seine Hände an den Hosen abwischend, griff er nach dem zweiten. Grinsend nahm Lauder das Gewehr von seiner Schulter. Die drei kurzen Feuerstöße hallten laut und deutlich durch das Schiff. Lesleigh ergrill ein Geländer und stieg die Treppe hinunter, vorsichtig, um nicht in den verdächtigen Pfützen auszurutschen, die sich auf den Stufen angesammelt hatten.
Trübes Licht drang von oben herab und wurde von fleckigen Geländern und unpolierten Behältern schwach reflektiert. Zerfallene Holzkisten waren bis an die Decke gestapelt, einige waren umgestürzt und hatten ihren Inhalt verstreut. Lesleigh erreichte den Fuß der Treppe und stieß eine verirrte Büchse Tomaten über die Brüstung, bevor er weiterlief, vorbei an großen Haufen Proviant, die den ausgedehnten Lagerraum füllten. Eine Hand griff nach der Lukensteuerung, während ihr Besitzer hinter sich schaute, auf der Hut vor lauernden Schatten.
Kirst Ellan spähte um eine Biegung im Korridor #15 nach irgendwelchen Anzeichen von Leben, entweder feindlich oder freundlich. Seine Augen durch- forschten den Durchgang, aber nichts regte sich. Nichts floh. Nichts sprang.
Seufzend umrundete er die Ecke, sein Selbstvertrauen lag in dem Gewehr, das er fieberhaft mit beiden Händen umklammerte. Hinter ihm unterhielten sich Wilson und Morton freundschaftlich, ihre überflüssigen Gewehre über die Schultern gehängt.
Ellan entspannte sich nur einen Moment zu früh.
Die Luke direkt vor ihm schob sich glatt nach oben und verschwand in der Decke. Sein Herz setzte aus.
Eine Gestalt trat ins Licht und war verschwunden, eingehüllt von den fließenden Schatten. Sein Finger schloß sich automatisch um den Abzug. Er drückte ab. Der Lauf zuckte zweimal und spie kleine Lichtblitze in die kalte Luft. Zwei rauchende Löcher erschienen im Metall der Luke. Licht aus dem Raum dahinter drang durch die geschwärzten Einschüsse.
Ohne nachzudenken, rannte Ellan den Korridor hinunter, seine Stiefel dröhnten auf den öligen Platten. Auf einer Seite von ihm senkte sich die Ausgangsluke gerade.
Lesleigh kletterte hastig in den schmutzigen Lagerraum und sprang sofort auf die Kisten zu. Seine Füße zerdrückten die erste, während sich der Ex-Praktikant hinaufzog, die Finger gruben sich ins Holz und die Füße traten auf die Verstärkungsleisten. Kisten krachten von der Spitze des Stapels und zerplatzten auf den darunterliegenden, während sich Lesleigh hinaufarbeitete.
Kirst Ellan betrat den Lagerraum und erblickte die schnell verschwindende Gestalt. Er riß das Gewhr hoch.
Rauchende Splitter flogen umher, als er zweimal feuerte. Holzstücke und Wolken von Sägemehl verfolgten Lesleigh die andere Seite des Stapels hinunter.
Ellan senkte den Lauf und feuerte drei ungezielte Schüsse in den unförmigen Haufen von Kisten vor sich, bevor er sich umblickte.
Wilson und Morton kamen in den Lagerraum gerannt und nahmen ihre Gewehre herunter.
"Wer ist es?" fragte Morton.
"Skerrit, glaube ich", erwiderte Kirst. "Ihr geht um diese Seite herum und seht mal nach. Ich werde die Luke beobachten." Er feuerte zwei weitere Schüsse in den Haufen, bevor das Gewehr mit einem laut hörbaren Klicken anzeigte, daß es leer war. Er löste seinen Finger und drückte trotzdem noch einmal ab, bevor er das Gewehr angewidert fortwarf.
Wilson ging vorsichtig um den Stapel herum, seine Waffe vor sich haltend. Er postierte sich parallel zum anschließenden Durchgang und ließ seinen Finger über den Abzug gleiten. Der Lauf zuckte zweimal.
Lesleighs Faust traf ihn schwer in den Magen und er krümmte sich zusammen, als die Luft aus seinen Lungen zischte.
Morton riß automatisch sein Gewehr von der Schulter. Sein Finger schloß sich um den Abzug.
Finger krallten sich in Wilsons Haare und rissen ihn rauh in den Schatten des Stapels. Lesleigh entriß ihm das Gewehr und spähte um die Ecke.
Der Lauf von Mortons Gewehr zuckte und flammte. Eine Vielzahl rauchender Ringe erschien in der Kiste neben Lesleighs Kopf. Sägemehl füllte den Gang.
Ellan erschien hinter Lesleigh, seine Gestalt war halb von den trockenen Wolken des Staubes verhüllt. In seiner linken Hand trug er eine Kette, deren Glieder groß und lang waren.
Sie fuhr über Lesleighs Kopf und zog sich fest. Ellan zog sofort beide Enden zusammen und verdrehte die Glieder mit den Fäusten. Hustend griff Lesleigh nach der Kette und bekam zwei Finger zwischen Metall und Haut.
Morton erschien im Eingang des Ganges, das kurze Gewehr in einer Hand. Lesleighs Fuß schleuderte es aus seinem Griff und schickte es polternd irgendwohin. Lesleigh ließ sich schwer auf seine zerschlagenen und schmerzenden Knie fallen, vor seinen Augen verschwamm alles. Ellan verlor die Kette, als er über den Rücken seines Opfers flog und auf die staubigen Kisten krachte. Sie glitt aus seiner Hand und rollte außer Sicht.
Lesleigh bückte sich, um sich das Gewehr zu nehmen, seine Finger suchten nach dem Gurt. Morton erschien im Eingang und trat zu, Lesleigh durch die Luft schleudernd, dessen zitternden Fingern der Gurt wieder entglitt.
"Nimm das Gewehr", fauchte er.
Lesleigh war in sekundenschnelle wieder auf den Beinen, von den modrigen Kisten schwach unterstützt. Die Glieder schmerzten, der Kopf schmerzte, der Hals schmerzte.
Ellan kroch zum Gewehr und seine Finger schlossen sich langsam um den Lauf.
Morton versetzte Lesleigh einen Hieb und zerrte den Ex-Praktikanten ins Offene. Die Glasscheibe, durch die man die dampfenden Wassertanks beobachten konnte, spiegelte hinter ihm. Licht sickerte durch die beschlagene Scheibe.
Ellan ergriff das Gewehr und erhob sich, dabei die Ladung überprüfend. Er begann sich umzudrehen.
Lesleigh rammte Morton den Ellbogen in den Magen und trat nach Ellan, ihn in den Bauch treffend. Der Ketar schnappte nach Luft und krümmte sich, das Gewehr hing schlaff in seiner Hand.
Lesleigh trat noch einmal zu.
Der Ketar krachte durch das Glas und ein tödlicher Schauer silberner Splitter explodierte in die dampferfüllte Luft.
Ellan erblickte gerade noch die kochenden Tanks, fühlte die Hitze auf seiner Haut, dann begann er zu fallen.
Morton kniete sich hin und zog ein Messer aus dem Stiefel, dann stürzte er vorwärts.
Lesleigh suchte die Kisten schnell nach einer Waffe ab.
Nichts. Überhaupt nichts.
Dem Messer ausweichend, stieß Lesleigh ungeschickt gegen die Wand, dabei gerade noch das im Glas klaffende Loch verpassend.
Etwas zischte.
Morton bückte sich, stolperte und zog das Messer wieder aus einer Kiste.
Lesleigh sah die Wand an, gegen die seine erschöpfte Gestalt geschmettert worden war. Der "Notlandung"-Schrank war aufgesprungen. Innenlichter hatten zu flackern begonnen. Drinnen hing eine reglose Reihe von rot und gelb gestreiften Notfackeln.
Morton griff wieder an. Schnell denkend, griff eine Hand nach der ersten Fackel und riß sie aus ihrer Schutzhalterung. Ein Finger preßte sich auf den Abzugsknopf. Morton zögerte und runzelte die Stirn.
Die Ladung krachte.
Die Fackel zischte los, einen Schweif aus dichtem, purpurnen Rauch hinter sich her ziehend. Die Ladung traf Morton voll in die Brust, eine dumpfe Explosion schleuderte das Messer beiseite. Er stolperte gegen die Kisten und brach zusammen, purpurner Rauch quoll aus seiner verbrannten und geschwärzten Brust.
Lesleigh ließ das Notsignal fallen und lehnte sich atemringend an die Wand.
Lauder ließ den leblosen Körper Theas los und lehnte ihn gegen die Kisten. Er nahm sein Gewehr und verließ den Raum, die Luke hinter sich schließend.
Lesleigh eilte durch den Lagerraum auf die Treppe zu. Ohne Atem zu holen, begann der Ex-Praktikant hochzusteigen, zwei Stufen auf einmal nehmend. Ein Schatten schob sich an der Luke vorbei.
Das harte Krachen von Gewehrfeuer hallte durch das Schiff.
Lesleigh blieb stehen und starrte keuchend auf die Luke. Nailla, Slaye? Tot? Vielleicht sogar Thea und Watels...
Am Fuß der Treppe schob sich Wilson ins Licht. In einer Hand hielt er ein Messer, er grinste ein zahnloses Grinsen.
Lesleigh blickte auf die bösartige Gestalt und dann zurück zur Luke. Ein paar Füße fielen aus dem Loch, als sich jemand auf den Laufsteg hinabzulassen begann. Eine Hand hielt sich am Geländer fest und ein Fuß ergriff die Querstange. Lesleigh spannte sich und stellte ein schmerzendes Bein auf das Metall.
Wilson schaute zu, wie die schattenhafte Gestalt sprang und schwer auf der Spitze des Stapels landete.
Lauder fiel aus der Luke und ergriff sein Gewehr. Automatisch eröffnete er das Feuer und übersähte die zerfallenden Kisten mit splitternden, rauchenden Löchern.
Lesleigh fiel in einer Wolke aus Staub und geschwärztem Holz zu Boden. Nachdem er für einen Augenblick stillgelegen hatte, erhob er sich und spähte um eine Ecke. Die Augen blieben an einer bestimmten Kiste hängen. Auf einer bestimmten Seite.Auf einem bestimmten Zeichen.
Der Schädel und die Knochen.
Yarbro fiel aus der Luke und, als er sich umgeschaut hatte, zwang er die Mündung von Lauders Gewehr weg von dem Stapel.
"Nicht schießen", fauchte er, "nicht im Lager."
Lesleigh erreichte die Kiste und seine Finger griffen nach dem Siegel... Lauder sah die Hand und entriß Yarbro den Lauf. Er schoß einmal, zweimal.
Zwei Löcher erschienen im Holz. Zwei Rauchfäden stiegen von den Löchern auf.
Lesleigh wich zurück, in den Schatten des Stapels. Die Kiste begann zu rauchen, ihre ausgetrocknete, hölzerne Oberfläche qualmte zuerst, dann färbte sie sich schnell dunkel. Lauders Stiefel polterten auf den Stufen, als er die Treppe hinab kam, das kurze Gewehr in den schwitzenden Händen.
Irgendetwas kam blitzschnell in Sicht.
Das Gewehr krachte und machte ein rauchendes Loch in das Metall der Luke. Lesleigh stieß den verdutzten Wilson aus dem Weg und glitt hinein, die Finger nach der Steuerung ausgestreckt.
Die Luke begann sich zu heben.
Das Holz zischte laut, winzige Flammen beleckten den tödlichen Inhalt. Mit einem Ächzen eruptierte die Kiste in strahlende Helligkeit, Flammen schossen nach oben und außen. Große Platten aus brennendem Holz kreischten durch den Lagerraum und zerplatzten auf kaltem Metall.
Die Luke klickte wieder in den Boden.
Yarbro schrie Lauder etwas unverständliches zu und begann sich in den Kesselraum zurückzuziehen.
Lesleigh erreichte die Brücke, als die erste von einigen kleineren Explosionen die Bellastania schüttelte. Er sank vor der Konsole in einen Sessel und drückte auf Knöpfe und Schalter. Anzeigen und Entfernungen wurden überprüft und bestätigt. Dann stand Lesleigh auf und hielt sich an der Konsole fest. Die Brücke schwankte unsicher und begann sich sehr langsam wieder zu richten. Lesleigh stolperte außer Atem auf das Shuttle zu.
Sein Finger fand die Kontrollen und die Luke ging hoch, Lesleigh duckte sich unter ihr durch. Er kroch an der "Notluke" vorbei und ließ sich hastig in einen anderen Sessel fallen, bevor er mit überraschender Genauigkeit das Schaltpult aktivierte.
Yarbro zog sich durch den schwankenden Korridor, als eine Serie mächtiger Explosionen das Schiff und seinen Inhalt durchschüttelte. Er kämpfte, um die Brücke in einer Lawine von Trümmern zu erreichen.
Mit einem Zischen seiner Triebwerke löste sich das Shuttle vom Dock. Raketen zündeten einmal, zweimal und zogen den schlanken Flugkörper von der weniger eindrucksvollen Bellastania fort.
Die Docking-Station brach in sich zusammen, Flammen brachen aus dem Wrack in die schweigende Leere.
Die Brücke explodierte gleichermaßen lautlos. Nur Sekunden später folgte der rest des Schiffes. Stücke feurigen Metalls zerrissen zu Nichts, Träger, zerbrochene Spanten und zerfetzte Gitter verteilten sich schweigend.
Ungestört bewegte sich das winzige Shuttle auf sein Ziel zu, einen Friedhof rauchender Trümmer zurücklassend.
Es kostete Lesleigh nur siebenundvierzig Minuten, um Mitral zu erreichen. Die Landung eines Shuttles bringt oft Schwierigkeiten mit sich, doch Lesleigh hatte keine, als er auf einer der flachen Plattformen, einem von Menschenhand geschaffenen Plateau, aufsetzte.
Lesleigh überprüfte die Grabesonde und die Verkleidung, die sie umgab, auf Schäden, aber es waren keine zu sehen.
Die Hauptaufgabe begann erst...


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