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   "Was zum Teufel geht hier vor?"
   "Ach, Sie haben ja jetzt keinen Dienst"; sagte die dankbare Computerstimme, "danke der Nachfrage, aber ich lasse einen der anderen Mechaniker nachsehen. Es handelt sich wirklich nur um einen ganz geringfügigen Fehler?"
   "Danke", sagte Jared vorsichtig.
   "Nichts zu danken, einen schönen Feierabend auch?" Der Computer blieb von Ironie unberührt. Der Tunnel vor ihm ging noch drei Kilometer weiter, bevor er in eine Transportkreuzung mündete, und Jared setzte sich, nicht eben begeistertem Schrittes, in Trab.

Eine Stunde später zog er dankbar die Tür zu seiner Ruhekapsel herunter und streckte sich wohlig in seiner Plasto-Blase aus. Er nahm seinen Kapsel-Modulator und drückte ein paar Knöpfe. Sofort wurde das Licht dunkler und wirbelte dann in einer Myriade von Pastell-farben umher. Sanfte Instrumentalmusik fing zu spielen an, und es war, als ob die Lichter im Rhythmus dazu tanzten. Er drückte noch einen Knopf und ein schäbiger Droid fuhr aus einer Nische in der Wand. Der Droid war ungefähr 60 cm hoch und hatte in etwa menschenhaftige Form, obwohl Massen von Drähten heraus ragten, wo das Kinn hätte sein sollen, und die Augen in einem höchst unnatürlichen Winkel aus den Höhlen hingen. Inder Metallhand hielt er ein hohes Glas, und das Eis darin klirrte, als er mit unregelmäßigen Bewegungen auf Jared zu kam. Nach einer Reihe halbkreisförmiger Manöver blieb er endlich vor der Plasto-Blase stehen.
   "Gurginonik", krächzte er und goß seinem Herren ein Maßvoll über die Hose. Jared riß es ihm schnell aus der Hand und schickte ihn mit einem schaffen Knopfdruck in seine Nische zurück. Der Droid war eine Antiquität, die er liebevoll restauriert hatte. Niemand im Bunker außer ihm besaß einen funktionierenden Diener-Droid, obwohl einem Gerücht zufolge die Gilde der Neo-Vestalinnen ein Freudenmodell hatte, aber natürlich gaben sie so etwas nie zu. Jared war sehr stolz auf seinen Schatz. Er nippte zufrieden an seinem Gin und schloß die Augen. Nach einer Weile begann er zu dösen und war schon fast eingeschlafen, als die leise Musik durch einen pulsierenden ,Ihn unterbrochen wurde, und die Lampen aufzuleuchten begannen. Er öffnete die Augen und stand mühsam auf, dann drückte er auf das erleuchtete quadratische Feld neben seiner Tür. Als die Tür leicht nach oben glitt, konnte er sehen, daß eine junge Frau, ungefähr in seinem Alter, draußen davor stand. Sie war fast so groß wie Jared, und ihr rabenschwarzes Haar war

entsprechend der aktuellen Mode geschnitten.
   "Hallo?" Sie lächelte herzlich. "Ich glaube nicht, daß wir einander schon einmal zugeteilt worden sind, oder?"
   "Nein, das glaube ich auch nicht", antwortete Jared, "Hören Sie, würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir die Sache heute abend auf ein andermal verschieben?" Die Augen der jungen Dame leuchteten auf.
   "Verschieben, was ist das? Ich glaube, das habe ich noch nie gemacht?"
   "Nein, ich glaube, Sie verstehen mich nicht. Was ich meine ist, ich möchte, daß Sie nach Hause gehen. Ich möchte eben heute nacht alleine schlafen?" Das Gesicht des Mädchens zuckte, und dann fing sie an zu weinen.
   "Was stimmt denn nicht mit mir, finden Sie mich nicht attraktiv?"
   "Doch, darum geht‘s mir nicht, es ist bloß, na ja, ich habe eine Freundin und möchte die Nacht eigentlich nicht mit Ihnen verbringen. Obwohl Sie sehr hübsch sind?" Sie sah Jared erstaunt an.
   "Wissen Sie, Sie sind wohl ein bißchen verrückt, Mister" Sie warf das Haar schroff zurück und drehte sich um. Als sie sich auf das Transport-band stellte, rief sie über die Schulter,
   "Ich werde das melden, Sie brauchen Hilfe."
Jared seufzte und zog die Tür wieder herunter So etwas wie monogame Beziehungen gab es im Bunker nicht. Es war zwar erlaubt, Zuneigungen zufassen, sie durften aber nicht zum Ausschluß Anderer führen. Der Computer teilte jede Woche neue Partner zu, und es wurde als schwerer Verstoß gegen den guten Ton verstanden, wenn man sich weigerte, jemanden aufzunehmen. Am Anfang der Bunkergeschichte hatte es ernsthafte Schwierigkeiten mit Ehestreitigkeiten gegeben, die in manchen Fällen sogar zu Mord und Aufruhr geführt hatten. Heutzutage sorgte natürlich die Genzentrale dafür, daß immer gleichviele Männer und Frauen im Bunker lebten. Trotzdem war Heirat vom Zentralcomputer für ungesetzlich erklärt worden, da er ausgerechnet hatte, daß dies der häufigste Grund zur Unzufriedenheit im Bunker war. Eifersucht gab es nicht mehr; schließlich hatte niemand Grund, eifersüchtig zu sein. Es war eine perfekte Gemeinschaft, das heißt, perfekt für alle außer Jared. Jared hatte sich verliebt, und er fing langsam an zu glauben, daß dieses Gefühl genauso antiquiert war wie sein Vorkriegs-Droid. Er wußte, daß es Arger geben würde, weil er das Mädchen weggeschickt hatte. Die Mediziner hatten ihn schon einmal kommen lassen, und die Aussicht auf einen zweiten Besuch behagte ihm gar nicht. Er schaltete das Licht aus und legte sich in seine

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