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Ruhekapsel. Das Kontrollpult an der gegenüberliegenden Wand erwachte leicht flackernd zum Leben.
   "Hallo, Sir, war's ein schöner Abend?"
   "Eigentlich nicht, Lucy, nein."
   "Wie ich sehe, sind Sie heute abend wider alleine. Sie fühlen sich doch nicht schlecht?"
   "Nein, es geht mir gut. Danke, Lucy, ich muß nur mal eine Nacht richtig durch schlafen."
   "Möchten Sie eine Tasse heiße Schoko? Man schläft sehr gut danach?" Jared lächelte, der Computer versuchte dauernd, ihm das widerliche Zeug einzuflößen. Schoko gehörte auch zu den Sachen, die er haßte, und der Bunker liebte. Es stimmte, von dem Zeug schliff man ein, aber es versetzte einen auch in eine unnatürlich glückliche Stimmung, und Jared fühlte immer, wie seine Willenskraft nachließ, wenn er es trank. Wer wußte, was passieren würde, wenn die schwarz haarige Schönheit zurück käme?
   "Nein danke, aber sag' mal, was tut ihr da überhaupt rein?"
   "Es ist nur so ein Gemisch von Schokolade und Malz mit heißer Milch, es ist sehr wohl tuend?"
   "Ja, das will ich schon glauben, aber was tut ihr sonst noch da rein?"
   "Ich hab' Ihnen das schon einmal gesagt, Jared, es ist sonst nichts in dem Getränk. Ich glaube wirklich, Sie werden alt und leiden unter Verfolgungswahn?"

Die Stimme des Computers war genauso gelassen und beruhigend wie immer, aber er spürte eine leichte Drohung hinter den sanften Worten. Paranoia wurde im Bunker als ernste Krankheit betrachtet. Wenn eine ganze Gemeinschaft auf so engem Raum lebte, war Panik etwas, das um jeden Preis vermieden werden mußte. Die Mediziner überwachten alle, die Anzeichen von Paranoia oder Ruhelosigkeit aufwiesen, und schleppten sie dann sehr flott zu Tests mit der Gedankensonde an.
   "Ich bin erst vierundzwanzig", sage Jared, "und ich besitze bloß eine gesunde Neugier?"
   "So? Erinnern Sie sich, was mit der Katze passiert ist?"
   "Der Katze?"
   "Das ist ein altes Erdentier?"

Es gab keine Tiere im Bunker außer Ratten, und niemand wußte, wie die hereingekommen waren. Man nahm an, daß während der Bau arbeiten ein paar einen Eingang gefunden hatten und der Entdeckung

entgangen worden waren. Wie auch immer, eine große Kolonie von ihnen lebte in den Kabelkanälen; die Mechaniker mußten sehr vorsichtig sein.
   "Ich gehe jetzt zu Bett", sagte Jared gähnend.
   "Gute Nacht, Jared. Ich wünsche angenehme Nachtruhe"
Jared schrie. Irre Panik ergriff ihn, als die Metallwände immer näher rückten. Er schnappte nach Atem und mühte sich ab, kostbare Luft in seine zermarterten Lungen zu saugen... Die Hitze stieg weiter, während die Luft dünner wurde. Das war das Ende. Die Wände zogen sich um ihm zusammen, und die Hände bluteten ihm, als er versuchte, sie anzuhalten. Sein Verstand setzte aus. Er warf die Arme vor die Augen, kauerte sich auf dem Fußboden zusammen und wimmerte wie ein verzweifeltes Kind.
   Das sanfte orange-gelbe Licht ging mit kaum wahrnehmbarem Summen an und eine beruhigende Roboter Stimme sprach.
   "Ist alles in Ordnung, Sir?"    Jared öffnete die Augen. Er war aus dem Bett gesprungen und fand sich, zum dritten mal in dieser Woche, in der Mitte seiner Ruhekapsel stehend wieder. Er sah auf das flackernde Pult an der Wand.
   "Ja, alles ist O.K., du brauchst deine Leitungen nicht zu überladen?" Mit zitternder Hand fuhr er sich über die Schweiß bedeckte Stirn und rieb sich die schon müden Augen, während er sich auf dem Bettrand nieder ließ. "Verdammt, murrte er leise", das hier bedeutete garantiert einen weiteren Besuch von den Medizinern. Es war den Leuten nicht erlaubt, nachts schreiend aufzuwachen; niemand bekam mehr Albträume. Er zog das verknüllte Bettlaken zurecht und legte sich hin. Seine Augen starrten ins Schwarze, als Lucy automatisch die Beleuchtung regulierte. Er drückte den Knopf auf dem Armbandkontrollzentrum, und die leuchtenden roten Zahlen verrieten ihm, daß das 'Tageslicht' nur noch zwei Stunden entfernt. Er wußte, daß es sinnlos wäre, zu versuchen, wieder einzuschlafen, und außerdem wollte er nicht denselben Albtraum noch einmal haben. Sie hatten erst vor vier Wochen angefangen, und es war immer dieselbe Szene: Er war alleine in einem Zimmer. Der Elektromechanismus an der Tür funktionierte nicht, und langsam fingen die Wände an, sich zusammen-zuziehen... Ganz gleich, wie sehr er versuchte, die Tür auf zu bekommen oder um Hilfe zu rufen — nichts ging, und kein Laut drang aus seiner Kehle. Schließlich, als die Wände immer näher kamen, und die Luft verbraucht war, rollte er sich einfach zu einer

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