Das dunkle Rad Kapitel 1 Eine Ebene Zurück Home Das dunkle Rad Kapitel 3
KAPITEL ZWEI

Im Weltraum kann Dich jeder schreien hören. Jedenfalls solange Du mit einer
WFO-Überlebungsmaske ausgerüstet bist. Einen Augenblick, nachdem
Alex ins völlige Vakuum hinausgeschleudert worden war, schoß aus den
Düsen der Maske eine Haut aus Plastikfasern, das ihn vor der Kälte bewahr-
te, ihn umhüllte und schützte, ihn sicherte gegen die Leere. Der Sauerstoff-
fluß in seinem Körper war stillgelegt, ausgenommen der zum Herzen und
zum Gehirn. Jederzeit konnten ihm Aufputsch- oder Schlafinjektionen in
die Hautregion um seinen Mund verabreicht wurden, die Körperfunktionen
den Umständen entsprechend anregend oder dämpfend.
   Und währenddessen schrie der Fernorter durch das gesamte Universum
um Hilfe.
   Es war ein standardisiertes Überlebenssignal, ein sofort als solcher
erkennbarer Notruf, der anzeigte, daß er von einem kleinen, fernen, ster-
benden Körper ausgesandt wurde. Auf vierzig Kanälen, die Wellenlänge in
jeder Sekunde viermal wechselnd, wurde der Alarm hinaus gebrüllt. Das
waren immerhin 160 Chancen, gehört zu werden...
   Ein schwerfälliger Kreuzer der Boa-Klasse, voll beladen mit Industriema-
schinen, der gerade Leesti verlassen wollte, verringerte seine Geschwindig-
keit und wendete, um den Weltraum nach der Quelle des Signals abzu-
suchen.
   Zwei Vipern der Polizei kamen von ihrem Revier in der Nähe der Sonne
herüber, um nach dem Notfall zu sehen.
   Ein umgerüstetes Muräne-Starboot, einen riesigen, gelben Leuchtstern
auf seinem Rumpf -- Zeichen der Ambulanz-Schiffe -- tuckerte aus der
Dunkelheit heran.
   Funksprüche, sowohl zum Planeten, als auch zum Ring seiner Coriolissta-
tionen, wurden sofort gestoppt, als der Notruf für Sekundenbruchteile
durchdrang. Die Fernsehprogramme wurden unterbrochen, auf dem Bild-
schirmen war eine ständige Übertragung der Weltraum-Raster-Fahndung
nach dem Fernorter zu sehen. Alle Reklamesender änderten ihr buntes
Programm und brachten, in grellem Grün, die gleichen Informationen.
   Im Orbit rund um Leesti wandten sich eine Million Köpfe sternenwärts.
   Dieser Sekundenbruchteil Panik, dieser einen Augenblick dauernde Not-
schrei war ein Signal, das sie zu gut kannten, als daß sie es zu ignorierwen
vermochten, und sie fürchteten es zu sehr, als daß sie darüber zur Tagesord-
nung übergehen konnten.
   Innerhalb von 20 Sekunden schwebten zwei ferngelenkte kleine Raum-
schiffchen, gerade groß genug, um Sauerstoff für eine Stunde und jeweils
eine Dosis von etwa vierzig Medikamenten und eine Reihe anderer Stimulan-
tien aufzunehmen, um Alex Ryders rotierenden Körper. Einer von ihnen
schoß ein Seil zur Stabilisierung hinüber und zog sich damit an ihn heran.
Ihn durch seinen einzigen Monitor anblinzelnd, schwebte er über seinem
Gesicht, wie ein platter, beinloser Dackel und pumpte Adrenalin, Sauerstoff
und Traubenzucker in seinen Blutkreislauf. Alex öffnete die Augen und ver-
fiel in einen Anflug von Panik. Das ferngelenkte Schiffchen sedierte ihn mit
einem schnellen Schuß Beruhigungsmittel.
   Eine Roboterstimme wisperte in sein Ohr: 'Brandy? Scotch? Wodka? Ich
bin mit einem Sortiment stimulierender Getränke ausgestattet, die sollen
Ihnen das Warten erleichtern.'
   'Was...ist passiert...Schiff?..Avalonia...' japste er unter der engan-
liegenden Maske.
   Das Fernlenkschiffchen blinzelte ihn mitleidig an: 'Brandy also', und
verabreichte ihm zwei Injektionen synthetischen Kognaks.
   Eine Stunde später war er an Bord des Ambulanz-Schiffes, in einer Park-
Umlaufbahn über der grau-grünen Welt von Leesti. Brandwunden an den
Händen und im Gesicht waren bereits behandelt. Kleinere Blutgefäße in der
Haut, die geplatzt waren, hatte man wieder zusammengeflickt. Er war voller
Blutergüsse, außerdem bewußtlos gewesen, aber sonst körperlich völlig in-
takt.
   Das Bild des explodierenden Schiffes hatte jedoch begonnen, ihn zu ver-
folgen. Er stand am großen, geneigten Fenster seines Krankenzimmers und
starrte durch die Klarheit des Weltraums auf die langsam rotierende Welt
dort unten, beobachtete das Auf und Ab der Pendler und kleinen Frachter,
wie sie entweder von unten nach oben glitten, oder wie sie beim Abstieg in
die Atmosphäre eintauchten, ein kurzes. leuchtendrotes Flackern in der
dünnen Luftschicht des Planeten zurücklassend.
   Wo immer er hinguckte, sah er den Schatten der Cobra, wie sie im Magi-
schen Licht erschien, eine große mörderische Bestie, sich an ihre Beute
heranschleichend.
   Und er sah seines Vaters Gesicht...
   Das plötzliche Erschrecken, die plötzliche Wut, und doch... und doch hat-
te Jason Ryder Bescheid gewußt.
   Sein trauriger, niedergedrückter Sohn wußte, daß sein Vater mehr über
die Gefahr gewußt hatte, als er sich hatte anmerken lassen. Es war seinem
Gesicht anzusehen, der Spannung in der Kabine, seinen bedächtigen,
wohlüberlegten Worten, die er während der Durchquerung des Hyper-
raums gesprochen hatte, anzumerken gewesen.
   Jason hatte gewußt, daß sein Leben in Gefahr war. Er war darauf vor-
bereitet gewesen, bereit, seinen Sohn im Falle eines Angriffs zu retten.
   Das gab keinen Sinn! Aber in diesem Moment fühlte Alex nur den Ver-
lust, den Verlust eines Mannes, den er geliebt hatte. Nun hatte er beide
Eltern von nun an verloren. Sein Heimatplanet würde ihm als ein leerer,
wenig einladender Ort erscheinen.
   Hinter ihm öffnete sich sanft die Tür, und die graugekleidete Gestalt einer
Krankenschwester erschien. Sie ermahnte ihn milde, weil er sein Bett ver-
lassen hatte, schien aber angetan von seinem ausgeglichenen Geisteszu-
stand.
   Es folgte ein anscheinend endloser Besucherstrom. Als erstes der Arzt,
der ihn auf seinen körperlichen und seelischen Zustand untersuchte. Der Medi-
ziner war nicht so angetan. Er sagte etwas Dahingehendes: 'Junger Mann,
Ihr Vater ist tot und es bricht Ihnen keinen Zacken aus der Krone, wenn Sie
ein paar Tränen vergießen. Sie sind nun einmal traurig und bekümmert,
und es ist gewiß nicht gut, wenn Sie das verdrängen!'
   'Ich werde noch um meinen Vater trauern', antwortete Alex kalt und vol-
ler Zorn. 'Ich werde trauern im Anblick der Asche des Piraten, der ihn
getötet hat. Und keinen Augenblick früher.'
   'Ach wirklich?'
   'Jawohl', erwiderte Alex trotzig, ' das will ich. Tatsächlich.'
   Nachdem der Arzt gegangen war, kam der Mann von der Galaktischen
Gesundheits-Genossenschaft und überprüfte pedantisch Alex' Krankenver-
sicherung, vergewisserte sich, daß alle Posten der Behandlung abgesichert
waren, einschließlich der Hypersprung- Heimreise.
   Dann die Polizei, zwei schmalgesichtige Männer im grauen Umhang und
dem silbernen Wams des Rauschgift-Dezernats. Welche Fracht hatte die
Avalonia geladen? Warum war wohl ein Pirat so an ihnen interessiert, daß
er ihnen sogar bis zu einem Planeten des Staatenbundes gefolgt war. Hatte
sein Vater jemals mit Drogen gehandelt? Mit Waffen? Mit Sklaven? Und wie
stand es mit so exotischen Substanzen wie Manjooza, Angsthormonen,
Marswurz? Was war in den Augenblicken vor der Zerstörung gesprochen
worden? Würde er das Piratenschiff wiedererkennen? Welche Kennzeichen
hatte es?
   Alex erzählte ihnen alles, an das er sich erinnern konnte. Alles, was er
gesehen, alles, was er gehört hatte.
   Alles, außer der Tatsache, daß sein Vater ganz eindeutig von der Gefahr
gewußt hatte.
   Und außer dem Wort Raxxla.
   Die Polizisten gingen. Sie waren nicht zufrieden. Alex hatte vor kurzem
seine Einzel-Piloten-Lizenz ausgehändigt bekommen, er konnte also selbst
entscheiden, wie er in sein Heimatsystem gelangen wollte. Er sollte ihnen
nur mitteilen, welche Route er nehmen würde.
   Raxxla.
   Alex sah sie ablegen, ihre Viper, ein schmales, garstig aussehendes Schiff,
drehte ab und beschleunigte weg vom Ambulanz- Schiff. Seine Stimmung
entsprach dem trübe beleuchteten Zimmer, den düster-grauen Stürmen, die
sich auf der Welt dort unten zusammenbrauten. leestis Meere wirkten jetzt
wild und eisig, die großen Wolken wirbelten kohlrabenschwarz und
wütend über das zerklüftete, gebirgige Festland.
   Raxxla.
   Was war das? Was war damit gemeint?
   Um Mitternacht, als er, wie von der Gesundheitsbehörde Leestis angeord-
net, ruhte, um sich zu erholen, begann ein kleines grünes licht in seinem
Zimmer zu blinken. Alex, der noch wach war, runzelte die Stirn, bemerkte
dann aber, daß er über HoloKom angewählt wurde.
   'Was ist los?' fragte er in den leeren Raum hinein, und die Stimme einer
Schwester wisperte: 'Da ist ein Holokom-Anruf für Sie. Man hat eine
Direktverbindung beantragt. Wollen Sie das Gespräch entgegennehmen?'
   Alex setzt sich im Bett auf. Niemand wußte, daß er hier war. Oder doch?
Er runzelte die Stirn und sagte: 'Natürlich.'
   'Übernehmen Sie die Kosten ?'
   Es wurde immer verrückter. Mittlerweile, seit Klarheit über seine GGG-
Versicherung bestand, war er ja nicht mehr pleite und ohne Kredit, es fiel
ihm also leicht, die Frage zu bejahen.
   In der Mitte des Raumes begann die luft plötzlich weiß zu schimmern,
kleine, helle Partikel wirbelten um die sich nach und nach abzeichnende
Gestalt eines Mannes. Er war groß, aber leicht gebeugt. Als das Weiß der
Holo-Abbildung sich färbte, blieb der Mann weiß. Sein Haar war lang und
schneefarben, sein Bart zerzaust. In seinem Gesicht war ein Hauch von
Farbe. Seine Augen waren kleine, glühende Punkte inmitten von Runzeln.
Er lächelte. Er trug eine zerlumpte Kauffahrer-Uniform, und der eine Arm
hing schlaff herunter. Sogar seine Schuhe waren abgetragen, und die Zehen
sahen zerschunden aus. Der Handstrahler an seiner Seite hatte, wie auch
seine übrige Ausrüstung, bessere Tage erlebt.
   'Du bist der junge Ryder?' fragte diese Erscheinung aus längst ver-
gangenen Zeiten. Die Stimme krächzte bärbeißig und rauh, es war die Stim-
me eines Mannes, der schon im luftleeren Raum geatmet hatte.
   'Das bin ich. Alex Ryder. Und wer sind Sie:'
   Alex kletterte aus dem Bett und stellte sich vor das lebensgroße Holo-
gramm. Der alte Mann betrachtete ihn, Kautabak mampfend. Dann spukte
er aus. Es schien, als würde der dunkle Speichel geradewegs in die Richtung
von Alex Schulter fliegen und der zuckte zusammen und sprang hastig zur
Seite, bevor ihm einfiel, daß über Holocom natürlich nichts zu ihm gelangen
konnte.
   'Du erinnerst Dich wohl nicht an mich', fragte der alte Mann. 'Das ist nur
zu verständlich. Aber ich erinnere mich an Dich!'
   'Sagen Sie mir Ihren Namen.'
   'Rafe Zetter. Ehemaliger Kauffahrer. Habe mit Deinem Vater jahrelang
zusammen gehandelt, bis wir uns wegen einer gewissen Angelegenheit
trennten, über die wir -so könnte man es ausdrücken -unterschiedlicher
Meinung waren.'
   'Sklaven?!' sagte Alex schnell. Nun erinnerte er sich wieder an Rafe. Aber
was war nur mit diesem Mann passiert? Er sah viel betagter aus, als es
seinem Alter entsprach. Er war genauso alt, wie Jason Ryder gewesen wäre,
schien aber zwanig J ahre mehr auf dem Buckel zu haben.
   'Stimmt! Sklaven,' sagte Rafe. 'Ich habe mein Leben auf dem Giftzahn der
Viper verbracht..." -das war die Bezeichnung der Händler für etwas au-
ßerhalb der Legalität' -'und mit der Zeit gewöhnst Du Dich daran, ich
hatte nämlich einen eisernen Trumpf. Ich habe Himmel und Hölle durchge-
macht. Und dort bin ich jetzt.'
   'In der Hölle?'
   'Pleite!'
   Alex nickte, langsam bekam er den Slang des Kauffahrers mit. Ein 'eiser-
ner Trumpf' war ein Raumschiff, das so gut ausgerüstet war mit Schutz-
schirmen, Raketen und Strahlern, daß man eigentlich in jeder Art von
Planetensystem absahnen konnte, sogar in einem Anarchistenparadies wie
Sotiqu. Die Hölle war los, wenn man in einem solch chaotischen System
versuchte, Handel zu treiben. 'Himmel und Hölle' durchgemacht bedeutete,
daß Rafe ein luxuriöses Leben geführt hatte, finanziert durch die Profite
seiner illegalen Geschäfte, aber daß es letztendlich schiefgegangen war.
   Es ging immer schief.
   Rafe sagte: 'Es tat mir verdammt leid, als ich das von Jason hörte. Ein
vorzüglicher ,Mann. Früher sogar ein guter Freund, aber immer ein Mann,
den ich respektierte.'
   'Es ist vor nicht einmal acht Stunden passiert,' erwiderte Alex kühl. 'Wie
zum Teufel haben Sie es überhaupt erfahren?'
Rafe Zetter gluckste, spuckte dann wieder aus, und abermals duckte Alex
sich instinktiv. Die Spucke verschwand am Rande des Holo-Bildes und Alex
war leicht irritiert. 'Du scheinst Deines Vaters Charakter geerbt zu haben,
Jung-Alex. Vielleicht hast Du auch einige seiner Fähigkeiten mitgekriegt.'
   'Beanworten Sie mein Frage, alter Mann. Wie kommt es, daß Sie über das
Schicksal meines Vaters Bescheid wußten? Wie haben Sie mich gefunden?'
   Der Hologramm-Rafe beobachtete ihn, kaute, grinste und überlegte. Alex
wartete gespannt auf die nächste Hochgeschwindigkeits- Speichelsendung.
   Rafe sagte: 'Ich wiederhole es noch einmal: Ich hatte großen Respekt vor
Jason. Vor dem, was er war und vor dem, was er tat.'
   'Er war ein guter Mensch', fügte Alex hinzu. 'Und ein ehrlicher Händler.'
   'Er war eine ganze Menge mehr als das' , sagte Rafe laut und spuckte. Alex
sprang zur Seite. Das gespenstische Holobild flimmerte und verschwamm
ein wenig.
   'Was meinen Sie damit?'
   Rafe Zetter beugte sich vor, so weit, daß sein graues Abbild den jüngeren
Mann hätte küssen können. 'Er war ein Kämpfer, Alex. Einer der besten.
Auf keinen Fall hätte er so umkommen dürfen, wie er es tat...'
   'Mein Vater war ein Kauffahrer, kein Kämpfer', entgegnete Alex, verstört
und bestürzt über das, was Rafe da durchblicken ließ.
   'Nein? Denk' doch mal scharf nach, Kleiner.'
   'Aber es machte ihn ganz krank, auch nur einen Schuß abzufeuern.'
   'Kann schon sein', sagte Rafe trocken. ' Aber es hielt ihn nicht davon ab, es
trotzdem zu tun. Wie denkst Du, hat er die ganzen Jahre als Kauffahrer
gehandelt? Verflixt, Alex, selbst wenn Ihr saure Sahne oder Mix Pickles
geladen habt, es gibt da immer jemanden, der versucht, es Euch abzuknöp-
fen. Dein Vater war ein Kämpfer der allerbesten Sorte...'
   Alex schluckte schwer und starrte auf die seltsame Erscheinung des alten
Rae Zetter. 'Der allerbesten Sorte...?'
   Rafe nickte. 'So ist es, Alex', sagte er sanft. 'Du magst 'tödlich', Du magst
'gefährlich' sein, oder Du magst als Hundefutter auf so einem Arsch der
Welt-Planeten wie Isveve enden. Aber wenn Du 'Elite' bist, und
stirbst trotzdem, dann gibt es einen Grund für Deinen Tod...'
   Was sagte dieser alte Mann da? Elite? Ein Kämpfer der Elite?
Alex Kopf drohte zu platzen. Er wußte natürlich alles über die Weltraum-
Piloten, die sich diesen Titel verdient hatten. Ganz wenige hatten das. Zur
Elite zu gehören bedeutete. ..ja, es bedeutete, fast unbesiegbar zu sein. Eine
große Anzahl von Piloten war 'gefährlich': man blieb nicht lange am Leben
als Händler, wenn man es nicht soweit gebracht hatte. Nur wenige, nicht
viele verdienen die Klassifikation 'tödlich'. Einige Söldner haben sie, und
viele Piraten.
   Aber 'Elite'. Nur ganz wenige.
   Und sein Vater, Jason Ryder, war 'Elite' gewesen, und kein Mensch in
seiner Familie hatte das gewußt!
   'Jason war einer der allerbesten. Du hast vielleicht niemals sein altes
Schiff gesehen, aber es war wie eine Festung. Er tätigte Geschäfte an Orten,
die den meisten von uns Alpträume verursacht hätten.' Rafe schüttelte be-
wundernd seinen Kopf. 'Einer der allerbesten. Ein Mann der ersten Güte-
klasse...' Er starrte Alex durchdringend an. 'Die Frage ist. ..bist du vom
selben Kaliber?'
   'Was läßt Sie daran zweifeln?'
   'Jason hat kaum mal über Dich gesprochen. Ich hatte den Eindruck, er
wollte Dich schützen. Das Problem ist, daß mir das keinen Anhaltspunkt
gibt: Du willst den Tod Deines Vaters rächen, ich sehe es Dir an, höre es an
Deinem Ton, schließe es aus Deinem Zorn -aber alles, was ich daraus
schließe, ist, daß ein weiterer Ryder Sternenstaub sein wird, bevor er in der
Lage ist, eine Rakete abzufeuern.'
   Alex mißfiel der Ton von Rafe Zetter und so sagte er verärgert: 'Ich habe
stundenlang Simulationskämpfe trainiert. Ich habe gute Ergebnisse
erzielt...'
   Rafe lachte und spuckte ausgiebig, dann wurde er ernst.
   'Alex, da ist etwas, das ich unbedingt wissen muß. Es mag ja sein, daß Du
endest als...
   'Hundefutter im Orbit von Isveve, ich weiß!'
   'Ja, kann sein. Die einzige Person, die Deine Veranlagungen beurteilen
konnte, war Dein Vater. Sag mir, Alex, sag mir nun die Wahrheit... Sagte er
etwas zu Dir... Du weißt schon... unmittelbar, bevor er starb ? Hat er etwas
angedeutet oder etwas gesagt?'
   'Er sagte eine ganze Menge', murmelte Alex und fühlte starke Trauer, als
er sich an den Blick in seines Vaters Augen erinnerte, die Blässe seiner
Wangen und seine resignierenden Worte: 'Vergiß mich nicht, Alex'... 'Ich
glaube, er hat gewußt, das er gleich sterben würde. Das letzte, was er sagte,
war das Wort Raxxla. Ich weiß nicht, was es bedeutet. Irgend etwas Außer-
planetarisches, schätze ich.'
   Rafe lächelte und schüttelte den Kopf. Plötzlich war ein glitzerndes Fun-
keln in seinen Augen: 'Raxxla ist nichts Außerplanetarisches, Alex. Es ist
eine sagenhafte Welt. Ein Planet, eine Legende...'. Er zögerte und starrte
den Jüngeren über die kurze Entfernung hin fragend an: "Jason sagte genau
das zu Dir?'
   Alex nickte. 'Unmittelbar bevor er... Es war das letzte, was er sagte.'
   'Dann hat er gewußt, worum es geht. Und das soll mir reichen. Alex, fliege
nach Tionisla und nimm dort einen Pendler für Besucher zum Orbit-
Friedhof. Sag', Du wärest gekommen, um das Grab des Raumpiloten Flei-
scher zu besuchen. und sieh Dich gut um. Du mußt das tun, Junge. Morgen!
Ich werde auf Dich warten.'
   'Warten zu welchem Zweck!'
   Rafe gluckste. 'Wie willst Du denn eine Cobra jagen? Willst Du das etwa
per Anhalter erledigen? Oder auf einem großen Stockbesen reiten? Du
brauchst ein Schiff. Dann sind die Voraussetzungen gleich. Geh' zum Welt-
raumfriedhof von Tionisla. Dort ist genau das Fahrzeug, das Du brauchst.
Sag' keiner Menschenseele etwas. Komm' einfach nach Tionisla.'
   'Aber...'
   'Au' voir, Alex!'
   Und Rafe Zetter spuckte ein letztes mal, bevor sein Holo-Bild verblaßte.
   Alex zuckte nicht. Etwas zischte an seinem Ohr vorbei und klatschte
gegen die Wand hinter ihm.

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